Page 14 - AIT0324_Leseprobe
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WOHNEN • LIVING
APARTMENT BLUE HOUSE
IN IWATA
Entwurf • Design Shuhei Goto Architects, JP-Iwata
Das in den 1980er-Jahren erstellte Haus steht im Zentrum der Stadt
Iwata, an der Ostküste von Japans Hauptinsel Honsh. Als es abgeris-
sen werden sollte, erwarben es Shuhei Goto Architects. Sie bauten
es um und hielten zugleich am Bestehenden fest. Dank flexibler Ein-
richtung und einer perspektivischen Täuschung wirken die begrenz-
ten Flächen heute dennoch größer, als sie tatsächlich sind.
von • by Ulrike Nicholson, Tübingen
D as äußere Erscheinungsbild des Hauses wollten Shuhei Goto Architects so erhal-
ten, wie es ursprünglich war. Durch gezielte Rückbaumaßnahmen stellten sie die
einst vorhandene und im Laufe der Zeit durch An- und Umbauten abhanden gekom-
mene Symmetrie in der Fassade wieder her. Die blaue Fassadenfarbe wurde nicht
nur beibehalten, sondern sogar im Innenraum mit einem etwas aufgehellten Farbton
fortgeführt. Auf Erdgeschossebene – dort, wo vor dem Umbau eine Zahnarztpraxis war
– findet sich heute ein Büro. Darüber liegt die sanierte Wohnung. Die dafür zur Verfü-
gung stehenden 67 Quadratmeter lassen die Architekten durch eine offene und flexible
Gestaltung möglichst großzügig wirken. Kernstück ist der zentrale Treffpunkt der Fami-
lie: ein Koch-, Ess- und Wohnmöbel, dessen Tischplatten auf unterschiedlichen Höhen
verschiedene Funktionen übernehmen und teilweise zwischen Tisch- und Sitzbank-
nutzung wechseln. Darüber „schwebt“ eine langgestreckte Infrastrukturbox für Kabel,
Beleuchtung, Regal und Lüftungsventilator. Den Ausblick vom Wohn- und Essbereich
nach draußen in den Garten wollen die Architekten ebenfalls großzügiger erscheinen
lassen, als er mit seiner Breite von 1,80 Metern tatsächlich ist. Sie spielen mit einer per-
spektivischen Täuschung: So nimmt die Größe der eingebrachten Schottersteine stark
ab, je weiter man sich vom Haus entfernt – was die perspektivische Wirkung verstärkt
und den Gartenstreifen breiter erscheinen lassen soll. Prägnantestes Gestaltungsele-
ment des Umbaus ist jedoch der mehrschichtige Vorhang – der in Zusammenarbeit mit
der Künstlerin Akane Moriyama entstanden ist. Unzählige Meter feiner Seide mit den
für Moriyamas Arbeiten typischen, zarten Farbverläufen trennen den Schlafbereich und
das Treppenhaus vom zentralen Wohnraum ab. Die fünfschichtigen Vorhänge können
Schicht für Schicht geöffnet oder geschlossen werden, um den Grad der Transparenz
nach Belieben anzupassen. Fünf übereinanderliegende Schichten wirken als optisch
und akustisch trennende „Wand“, eine einzige Schicht ist nicht mehr als ein zarter
Hauch von Seide – und ganz geöffnet kann die Wohnung in ihrer vollen Größe wirken.
068 • AIT 3.2024