Page 33 - AIT0120_Leseprobe
P. 33
Andreas Müller
Foto: mac Service GmbH 1961 in Fürfeld geboren 1977–1979 Ausbildung zum Schlosser und Schrei-
ner in Bad Kreuznach, danach Weiterbildung zum Techniker für Maschi-
nentechnik und Maschinenbau seit 1991 bei mac in Langenlonsheim
Fotos: Bernward Bertram
Messestand von Ophelis auf der Orgatec in Köln 2018: Die Herausforderung war, sowohl das über dem Stand „schwebende“ Mobilé als auch die Produkte auf der Fläche gleichermaßen richtig zu beleuchten.
von • by Andreas Müller
L icht gilt längst nicht mehr als geheimnisvolles Rätsel der Physik, doch seine Faszi- lung von Glas gezeigt wurde. Das Licht im Raum hat somit die Dramaturgie des Films
verstärkt. Somit steckten hinter der Lenkungsmacht des Lichts gleichermaßen High-
nation in Substanz und Wirkung ist zeitlos. Allein ist es nichts, aber ohne Licht ist
nichts sichtbar. Es wird nie direkt wahrgenommen, nur seine Reflexion ist vom mensch- Tech-Funktionalität wie rustikale Handarbeit. Denn während sie zunehmend in digitale
lichen Auge zu erfassen. Die meisten sehen nicht das Licht, sondern nur das beleuchtete Steuerungstechnik integriert wird, bleibt die Lichtinstallation im Kern analog: das Ein-
Objekt. Das Licht selbst bleibt eine unbewusste Sinneserfahrung. Seine Wirkung entfal- und Ausschalten funktioniert häufig noch per Hand, die Installation ebenfalls. Somit
tet es dennoch – oder gerade deswegen! Das Licht fungiert als die unbemerkte Macht ist klar, dass im Messebau die Bedeutung der Lichttechnik ungebrochen ist, obwohl
des Lichtdesigners, die Wege, Wahrnehmungen und Emotionen der Besucher zu steu- sie ein Dasein im Windschatten der allseits besprochenen Mixed Reality fristet.
ern. Denn Licht hat die Fähigkeit, Räume zu verändern und die Wirkung von Farben zu
verbessern. Ein Designer im Messebau kennt das Licht und wird es stets bewusst wahr- Hallenumfeld und Material bestimmen Qualität der Beleuchtung
nehmen. Er kennt die Ambivalenz zwischen Welle und Teilchen sowie die Codes der
Farben, kann Reflexion und Richtung planen, die Luminanz steuern und die Wirkung Doch wie sieht eigentlich der Ablauf in puncto Messestand-Beleuchtung aus? Über dem
der Installation auf die Besucher vorhersagen. Schließlich ist eine Inszenierung des Stand wird zunächst ein Traversensystem, das sogenannte Rig, „geflogen“. Die Mon-
Lichts ohne Zweifel zentrales Elemente in der Gestaltung von Messeauftritten. Nicht zu- tage erfolgt also als erstes! Im Rahmen eines Lichtplans werden dann die Kundenwün-
letzt sorgt Helligkeit aber auch für mehr Sicherheit, vor allem auf Messen! sche ermittelt und die Position der Scheinwerfer festgelegt. Viele Fragen sind vorab zu
beantworten: Trägt die Decke die hohe Last des Gesamtsystems aus Aluminium-Fach-
Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren werkträgern, Beleuchtungs-, Medien- und Elektrotechnik? Ist der dynamische Faktor
der Hebezeuge berücksichtigt? Die Belastung kann zu Kilogramm-Werten im fünfstel-
Für unseren Kunden objectflor etwa haben wir auf der letzten Euroshop in Düsseldorf ligen Bereich führen. Etwa fünf Kilometer Traversenstrecke befindet sich im Bestand
mit der Wechselwirkungen von Form, Farbe und Licht gespielt. Dieses Zusammenspiel von mac. Über das Jahr wird wesentlich mehr Strecke eingesetzt. Stehen alle Stand-
zu beherrschen, stellte eine besondere Herausforderung dar. Grund war der Kontrast elemente und sind die Exponate aufgestellt, geht es ans Einleuchten. Kommen Moving-
zwischen der schwarz lackierten und mit weißen Slogans beschrifteten Stand-Archi- Lights, also kopfbewegte Leuchten, zum Einsatz? Projizieren Gobos-Scheinwerfer Sym-
tektur aus Holz sowie den knallig farbigen Produkten mit diversen Texturen und For- bole an die Standwände wie einst Batmans Fledermauszeichen an den Himmel von
men. In der Lichtinstallation kam es darauf an, die Produkte spürbar in Szene zu set- Gotham City? Oder soll alles ganz natürlich wirken und das vorhandene oder künstlich
zen, während der schwarze Rahmen in den Hintergrund rücken sollte. Bei diesem Pro- geschaffene Tageslicht vorherrschen? Letztendlich geht es aber darum, dass der Stand
jekt war uns das außergewöhnlich gut gelungen. Auch beim Messestand der Firma des Kunden ins Auge springt. So wie bei Ophelis auf der letzten Orgatec in Köln! Um
Zwiesel Kristallglas AG auf der Ambiente in Frankfurt haben wir mit verschiedenen das große Mobilé über dem Stand richtig in Szene zu setzen, wurden neben einer all-
Lichteinstellungen gearbeitet, um den Besuchern eine kleine Auszeit vom Messetrubel gemeinflächigen Beleuchtung, um das ganze Konstrukt zu erhellen, auch versteckte
zu bieten. Hier haben wir bewusst reduziertes Licht eingesetzt, damit diejenigen, die Bühnenscheinwerfer eingesetzt, um die Produkte darunter zu akzentuieren. Die Her-
beim Stand verweilten, in eine Art Ruhezustand versetzt wurden. Generell haben ausforderung lag darin, die unterschiedlichen Ebenen zu beleuchten. Denn schließlich
dunklere Räume mit gedimmtem Licht etwas Beruhigendes. Auch Feuer hat eine beru- warf das Mobilé Schatten. Aber auch das wurde am Ende gemeistert. Aus der Dis tanz
higende Wirkung. Deshalb wurden passend zum Film „Ambient Light“ die Wände im war der Stand ein ziemlicher Eyecatcher. Die perfekte Ausleuchtung des Standes und
Vorführraum angeraut und in Orangetönen dynamisch angeleuchtet. Aufgrund der die auffällig bunten Kreise waren schon von Weitem gut sichtbar und weckten so das
Wischtechnik auf der Wandoberfläche sah es so aus, als ob an den Wänden Flammen Interesse der Besucher. Licht zu inszenieren ist eine Frage des Könnens und Vertrauens.
flackern würden. Damit haben wir das Filmthema aufgegriffen, bei dem die Herstel- Vertraut uns der Kunde, kommen ganz wunderbare Inszenierungen zustande.
AIT 1/2.2020 • 121