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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS

































            WEINBANK

            AUF SYLT



            Entwurf • Design Formwænde, Lüneburg


            Edle Weine können gute Wertanlagen sein. Daher bieten sogenannte
            Weinbanken Tresorräume mit optimalen Lagerungsbedingungen an,
            die das flüssige Kapital vor UV-Strahlen und Korkmotten schützen.
            Kürzlich hat auch auf Sylt eine solche Bank eröffnet. Das Raumkon-
            zept von Formwænde aus Lüneburg ist ein wohltemperiertes Bukett
            mit samtig-weichen Tiefen, frischen Akzenten und rundem Abgang.



            von • by Kira Sophie Kawohl
            W     ein kann in Zeiten von Krisen, niedrigen Zinsen und Inflation nicht nur feines
                  Rauschmittel sein, sondern auch eine gute und sichere Wertanlage. Bei Raum-
            temperaturen zwischen 13 und 15 Grad Celsius, einer Luftfeuchtigkeit von etwa 60 Prozent
            und entsprechenden Lichtverhältnissen sind edle Tropfen lange lagerfähig und können
            eine hohe Wertsteigerung erfahren. Diese Konditionen sind im hauseigenen Depot aber
            selten gegeben, weshalb die „Winebank“ – ein privater Club – ihren Kundinnen und Kun-
            den Tresorfächer mit idealen klimatischen Bedingungen zur Verfügung stellt. Eine Filiale
            des Franchise-Unternehmens hat vor Kurzem auch in Westerland eröffnet – die Innenar-
            chitektur stammt von Formwænde aus Lüneburg. Wie in einer „echten“ Bank gliedert
            sich hier das Raumprogramm in öffentliche, halböffentliche und gesicherte Bereiche. Der
            Verkaufs- und Verkostungsraum samt Weinbar ist wie ein großzügiges Foyer im Erdge-
            schoss entlang einer breiten Glasfassade zur Fußgängerzone hin geöffnet. Dagegen sind
            die durch den Bestand vorgegebenen Splitlevels darüber und darunter (members only!)
            als Diskretionszonen deutlich intimer ausformuliert. Eine materielle Verbindung zwi-
            schen allen fünf Ebenen schafft eine zentrale Wendeltreppe, die durch ihre wechselnde
            Oberflächenbeschaffenheit dezent auf den Abgang ins Untergeschoss verweist: Als Herz-
            stück der Bank ist hier ein Tresorraum mit 270 Schließfächern untergebracht. Tiefe, erdige
            Farbtöne und schwere Materialien unterstreichen den archaischen, von alten Weinkel-
            lern inspirierten Charakter und bilden einen starken atmosphärischen Gegensatz zur Of-
            fenheit der oberen Ebenen. In allen Bereichen haben die Innenarchitektinnen und Innen-
            architekten ein konsequentes Raster aus wiederkehrenden Formaten und Farbfeldern
            eingehalten und erneut die hohe Affinität zur möbelbaulichen Präzision und Solidität un-
            terstrichen, die sie schon in vorherigen Projekten demonstrierten (siehe AIT 3.2022 und
            AIT 7/8.2022). Auf Sylt ist nun auch die Einbindung des Altbestands aus den 1980er-Jah-
            ren geglückt. Ein harmonisches Zusammenspiel aus Textur und Körper, das unterschied-
            liche Noten in sich bindet und Charakter zeigt, ohne kantig zu sein – Cheers!

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