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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS LITERATUR • LITERATURE
LITERATUR
AKTUELLE TITEL ZUM HEFTTHEMA UND GESCHENKIDEEN FÜR GROSS UND KLEIN
Datenspeichergebäude Verwaltungsbauten Schweizerische Nationalbank
Sie stehen irgendwo im Nirgendwo und gehören dennoch Seit 2019 gibt Andreas Putz – Architekt und Professor für Zehn Jahre, nachdem die Schweizerische Nationalbank
zu den meistbesuchten Orten der Welt – allerdings nur im Neuere Baudenkmalpflege an der Technischen Universität (SNB) in Bern ihre administrative Niederlassung im neo-
Digitalen: Datenspeichergebäude sind eine wenig beach- München – die Zeitschrift „halten – Beiträge zum neueren barocken Stil bezogen hatte, erhielt auch der Sitz des Di-
tete Bauaufgabe, deren gesellschaftliche Relevanz aber Bauerbe“ heraus. Ziel auch dieser Publikation ist es, Aus- rektoriums in Zürich 1922 eine repräsentative neue Archi-
nicht hoch genug eingestuft werden kann. Die baulichen blicke auf Themen des künftigen Architekturdiskurses zu tektur – und die Stadt ein neues Wahrzeichen. Das 100-
Eigenarten digitaler Verwaltungseinheiten von global geben. Sie liefert Stichworte, Beispiele und Beiträge zum jährige Jubiläum ihres prestigeträchtigen Haupthauses bot
agierenden Unternehmen wie Google, Facebook und Co. Umgang mit dem vorhandenen Baubestand, die zum gro- der SNB nun Anlass, das neoklassizistische Hauptwerk
bleiben meist im Verborgenen. Das macht natürlich neu- ßen Teil aus studentischen Arbeiten eines Semesterpro- der Architekten Otto und Werner Pfister monografisch zu
gierig! Und daher hat die Architektin Katharina Neubauer jekts bestehen – jeweils vergleichend und innerhalb von betrachten. Das schwere Buch im dunklen Einband bildet
im Rahmen ihrer an der Technischen Universität Berlin Serien und Gruppen ähnlicher Bauwerke zusammenge- schon physisch den ehrwürdig-wehrhaften Charakter des
vorgelegten Doktorarbeit sämtliche Datenspeicherbauten fasst. Zuerst erschien eine Ausgabe zum Thema „Terras- darin behandelten Bauwerks ab. Im Inneren wird die Bau-
von Tech-Giganten in Europa bereist und in einer Fallstu- senbauten“ (2019). Vor Kurzem dann ein zweites Heft über geschichte von der Planung bis heute, einschließlich spä-
dienforschung zur „Architektur des Speicherns“ verarbei- Verwaltungsbauten, das den Umgang mit zwei konkreten terer baulicher Anpassungen, umfassend dokumentiert.
tet. Für die Untersuchung wurden Lage, Form und Hülle Münchener Fallbeispielen inspiziert: Zum einen den Ab- Darüber hinaus beleuchten die AutorInnen auch wirt-
als die architektonisch und städtebaulich relevanten Ana- riss des denkmalgeschützten Osram-Bürokomplexes (1965 schafts- und kulturhistorische Hintergründe sowie die
lyseebenen festgelegt. Neubauer beantwortet somit syste- nach Plänen von Walter Henn und Dieter Ströbel fertigge- Gründung der Nationalbank und die Folgen für die Archi-
matisch Fragen rund um die Existenz, Verortung, das Aus- stellt), zum anderen den Umbau des nicht unter Denkmal- tektur- und Stadtentwicklung Zürichs. Zwei Essays veror-
maß, aber auch die architektonische Präsenzlosigkeit, die schutz stehenden Verwaltungsbaus der Deckel Maschi- ten die Nationalbank der Gebrüder Pfister typologisch in
dem Bautypus zumeist anhaftet. Dabei ist es frappierend nenfabrik (1962 ebenfalls nach Plänen von Henn errich- der Tradition der Bankenarchitektur vom Mittelalter bis
festzustellen, wie wenig noch über eine Architektur be- tet). Die in diesem Heft versammelten Beiträge beinhalten heute unter Berücksichtigung weiterer Zentralbanken.
kannt ist, deren Inhalt den Großteil der Gesellschaft di- die wissenschaftliche Dokumentation aller materiellen Reich illustriert mit historischen Aufnahmen, Plänen und
rekt betrifft – ja, ihr sogar zum Teil mitgehört. Datenspei- Verluste, eine umfassende architekturhistorische Einord- weiteren Originaldokumenten sowie Fotoserien zum heu-
chergebäude, so viel nimmt schon die Einführung vor- nung sowie eigenständige Entwurfsideen, die im Sinne tigen Bauzustand würdigt der Band eine öffentliche Archi-
weg, sind eben nicht dafür gedacht, „betrachtet und ver- von Machbarkeitsstudien die Potenziale des Weiterbauens tektur, die zugleich von Monumentalität, Pragmatismus
standen zu werden“. Weshalb es spätestens jetzt an der aufzeigen. Als Aspekt der medialen Vermittlung wurde und Zurückhaltung gekennzeichnet ist. Ein rundum ästhe-
Zeit ist, genau dies zu tun. Und die relevante Materie in auch die Architekturfotografie miteinbezogen. Das ergibt tisches Gesamtwerk, das viel wertvolles Wissen zur Ge-
den aktuellen Architekturdiskurs einzubinden. kk eine bild- und wortstarke Doppelstudie im Heftformat! kk schichte der Bankenarchitektur in sich gespeichert hat. kk
Datenspeichergebäude halten. Beiträge zum neueren Bauerbe Die Schweizerische Nationalbank in Zürich
Von Katharina J. Neubauer. Herausgegeben von Andreas Putz. Herausgegeben von der Schweizerischen Nationalbank.
Erschienen 2022 im Verlag Jovis, Berlin. Erschienen 2021 im Verlag Geymüller, Aachen. Erschienen 2022 im Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich.
Deutsch. 432 Seiten. Softcover. Format: 16,5 x 22 cm. 38 EUR. Deutsch. 112 Seiten. Softcover. Format: 23 x 28,5 cm. 15 EUR. Deutsch. 412 Seiten. Hardcover. Format: 20 x 28 cm. 77 EUR.
ISBN 978-3-86859-737-0 ISBN 978-3-943164-60-2 ISBN 978-3-03942-094-0
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