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BÜRO UND VERWALTUNG • OFFICE BUILDINGS

































            ARCHITEKTURBÜRO CLOU

            IN PEKING



            Entwurf • Design Clou Architects, CN-Peking


            Eine halbe Etage des Sanlitun Soho Towers nehmen die Räumlich-
            keiten des neuen Architekturbüros Clou in Peking ein. Vom Turm, der
            gläsern gen Himmel ragt, hat man eine Aussicht bis auf die Berge im
            Nordosten der Stadt. Doch selbst im Inneren des Büros, das mit
            einem clean wirkenden Interiorkonzept überrascht, kann man die
            Blicke weit schweifen lassen. Und zwar „weiter“, als man denkt.



            von • by Susanne Lieber, CH-Zürich
            P  olierte Flächen und Spiegelungen, die Unendlichkeit vortäuschen: Die neuen Räum-
               lichkeiten von Clou in Peking entsprechen so gar nicht dem Klischee eines Architek-
            turbüros, in dem kreatives Chaos herrscht. Man wähnt sich eher in einem hippen Desi-
            gnershop als in einer Ideenschmiede. Selbst der Blick auf die Arbeitstische, die sich dicht
            wie in einem Callcenter aneinanderreihen, lässt kaum erahnen, dass es sich im 17. Ge-
            schoss des Sanlitun Soho Tower in Peking um ein Büro handelt, in dem Masterpläne,
            Architekturen, Interiors und Landschaften kreiert werden. Ein Bruch mit Erwartungen.
            Durchaus reizvoll. Mit seinen knapp 400 Quadratmetern Fläche ist das Office neben
            Shanghai und Shenzhen die dritte Dependance von Clou. Gegründet wurde das Archi-
            tekturbüro 2005 von Jan Clostermann, der in Berlin und London studierte. Besonders au-
            genfällig bei der Innenraumgestaltung ist die kontrastreiche Materialisierung. An den
            Wänden wurden verzinkte Stahlpaneele angebracht, die für kühles Ambiente sorgen. Die
            magnetische Eigenschaft der Oberfläche macht die Wände zugleich nutzbar. Der auf
            Hochglanz polierte Boden in Blockstreifenoptik im Eingangs- und Erschließungsbereich
            sowie Glaswände, hinter denen sich Besprechungszimmer befinden, tragen ebenfalls
            zum fast schon unterkühlten Raumeindruck bei. Jedoch setzen Verkleidungen aus Holz
            diesem Eindruck etwas „Warmes“ entgegen. Sie kamen im Bereich der Werkstatt zum
            Einsatz, der auch Archiv- und Bibliotheksräume umfasst. Flexibel möbliert, lässt sich die-
            ser Teil des Büros bei Bedarf und mit wenig Aufwand zu einem Mini-Auditorium für in-
            terne Präsentationen oder zu einem Fotostudio umfunktionieren. Den Übergang von der
            Eingangszone mit Empfangstheke bis zum Werkstattbereich bilden abgestufte Regale ent-
            lang der Wand. Wie Warenträger in einem Shop dienen sie als Präsentationsflächen. Hier
            werden allerdings keine Fashion-Artikel ausgestellt, sondern Modelle von Gebäuden und
            Projekten, deren Entwürfe aus der Feder von Clou stammen. Die hübsch zurecht gerück-
            ten Objekte sind denn fast auch das Einzige, woraus sich schließen lässt, dass es sich
            hier um ein Architekturbüro handelt. Ein gelungenes Täuschungsmanöver.

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