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BÜRO UND VERWALTUNG • OFFICE BUILDINGS TECHNISCHER AUSBAU • TECHNICAL SOLUTIONS
Allen unseren Entwurfsüberlegungen lag der Wunsch zugrunde, den Bestand in seiner
Ursprungsform zu sichern und vorzuzeigen. Der Rückbau von nachträglichen Ein bau -
ten und ungeordneten Strukturen formte damit auch die Basis unseres Konzepts, den
vorhandenen Raum lediglich durch zwei eingestellte, raumhohe Möbel neu zu orga-
nisieren, deren Gestaltung sich am Bestand orientieren sollte. Im Haupt büro auf der
unteren Ebene trennt das neue, wandartige Einbaumöbel den Arbeits bereich vom
Vor raum und integriert nicht nur Stauraum und eine offene Teeküche, sondern ver-
steckt auch Toiletten und einen geheimen, zweiten Zugang im Inneren. Auf der oberen
Ebene über der Durchfahrt in den Hof zeigt sich das zweite Einbau möbel räumlich
und gestalterisch offensichtlicher als eingestelltes Element. Es integriert eine kleine
Küche und ein innen liegendes Duschbad, wodurch der obere Be reich nicht nur als
Besprechungsraum und Lounge, sondern auch als kleine Wohnung genutzt werden
kann. Durch den separaten Eingang vom Treppenhaus können hier Gäste komplett
au tark vom Bürobetrieb untergebracht werden.
Alle Eingriffe stehen im Spannungsfeld von Alt und Neu
Bei einem Umbau im Bestand, insbesondere dann, wenn nur ein Teil des Gebäudes ver-
ändert werden kann, gibt es oft nur wenige Möglichkeiten der ökologischen Opti -
Im Inneren des Einbaumöbels verstecken sich die WCs. • The WCs are concealed inside the built-in furniture. mierung. Wichtigster Bestandteil neben der Aufarbeitung und Abdichtung der originalen
Kastenfenster war deshalb die Sicherung, die Freilegung und der Erhalt von möglichst
vielen originalen Materialien. Dem einfachen Leitsatz – alles was man nicht entfernt,
muss man auch nicht neu herstellen – folgend, wurden die Eingriffe auf ein Minimum
redu ziert. Im Zuge der Sanierung musste der Brandschutz der tragenden Konstruktion
überarbeitet werden. Das Sandstrahlen der gusseisernen Stützen und Träger für die
neue Brandschutzbeschichtung wurde genutzt, um auch die kunstvoll aus Backstein ge -
Ein zweiter Einbau mit Küche und Bad entstand auf der oberen ... • A second installation with a kitchen and a ...
mauerte Kappendecke freizulegen. Diese bildet im Farb- und Materialkonzept den Ge -
gen pol zum ebenfalls roten Ziegelboden. Alle senkrechten, raumumschließenden Flä -
chen wurden dagegen in Weiß gehalten, was für räumliche Klarheit sorgt. In der Kon -
sequenz wurde alles im Inneren der Räume – Stützen, Träger, Tische sowie die Glas -
trennwände – bewusst in Schwarzgrau abgesetzt. Bei allen neuen Materialien wurde
gleichermaßen Wert auf hohe Qualität und Dauerhaftigkeit gelegt. Im Vorraum und dem
oberen Bereich waren keine originalen Bodenbeläge mehr vorhanden, weswegen hier
mit Zementfliesen im Schachbrett muster und Kiefernholz dielen eine zum Bestand und
der Nutzung passende Ergänzung gewählt wurde. Eine besondere Herausforderung war
es, die frei stehenden Arbeitsplätze anzubinden, ohne den Bestandsfußboden zu zerstö-
ren. Die Lösung kommt nun von oben: Elf drehbare Stahlkräne mit beweglicher Ka bel -
rolle versorgen die flexibel stellbaren Tische mit Strom und Daten. Entsprechend wur-
den Tische gewählt, bei denen die Kabel von oben durch einen Schlitz zu den Geräten
geführt werden können. Die Einzelleuchten an den Kränen sorgen im Zusam menspiel
mit auf den Trägern unsichtbar montierten Leucht bändern für eine gleichmäßige Aus -
leuchtung des Raumes wie auch der expressiven Decke.
Zwei eingestellte, raumhohe Möbel organisieren die Räume neu
Im unteren Bürobereich vereint das neue Einbaumöbel die WCs, die Teeküche und Stau -
... Büroebene, die als Gästewohnung genutzt werden kann. • ... bathroom was added on the upper office level.
räume und trennt gleichzeitig das Treppenhaus und den Vorraum von der offenen Büro -
landschaft ab. Diese ist wiederum durch Glastrennwände mit großen Schiebetüren unter-
teilt, die den Arbeitsbereich von den Rückzugs- und Besprechungsräumen trennen. Die
vor her zugeschweißte Eingangstür wurde reaktiviert und der Vorraum durch das große
Möbel vom Arbeitsbereich abgeschirmt. In dieser Pufferzone ist nun das störungsfreie Be -
treten der Bürofläche möglich. Die „Rückseite“ des Einbaumöbels bildet mit der integrier-
ten Teeküche das Bindeglied zwischen Büro und Vorraum. Neben dem Zugang zu den
„WCs im Schrank“ befindet sich hier auch die Garderobe unter der Treppe zum oberen
Bereich. Die Materialität der Treppe stellt die optische Verknüpfung zwischen dem eher
industriellen unteren und dem eher wohnlichen oberen Teil des Büros her. Über die neue
Treppe erreicht man die sehr niedrigen Räume oberhalb der Hofdurchfahrt. Das wie ein
kleiner Bauwagen in den langen Raum eingestellte neue Einbaumöbel beherbergt ein
Duschbad und eine kleine Einliegerküche. Hierdurch ist im oberen Bereich neben der nor-
malen Nutzung für intensive Meetings oder laute Runden auf der Spielkonsole auch die
getrennte Verwendung als Wohneinheit für Gäste möglich. Der eigene Eingang direkt vom
Treppenhaus unterstützt diese Möglichkeit. Entsprechend der Nutzung wurde der obere
Bereich mit den Kiefernholzdielen und den Möbeln bewusst wohnlicher gestaltet. Die As -
so ziation des Einbaumöbels unter der Kappendecke mit einem Bauwagen wird durch des-
sen mit senkrechten Rillen ausgestattete Fronten betont.
172 • AIT 10.2016