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SERIEN FRAU ARCHITEKT  • MS. ARCHITECT











               Quelle: GEDOK Stuttgart, Archiv
















               Die Architektin Grit Bauer im Büro, um 1955 • The architect Grit Bauer in the office, about 1955




               „berühmten Baumeisterfamilie Bauer“ den Zuschlag. Und dennoch konnte sich die Drei -
               ßig jährige sicher sein, dass der  Wettbewerbsgewinn nur  wenig mit ihrem „guten
               Namen“ zu tun hatte. Vielmehr war es die Architektur des Hauses, die hier am Rande
               eines Villen gebietes wie ein großes Versprechen für einen architektonischen Neuanfang
               in Stuttgart wirkte. Zur Straßenseite kompakt und der Stereometrie verpflichtet, zur süd-
               lichen Hang seite offen, leicht und transparent war das fünfgeschossige GEDOK-Haus den
               22 Ateliers und der Galerie eine radikale Absage an die bisherige Bauweise in diesem Abbildung: Archiv der GEDOK-Stuttgart
               vom Krieg besonders in Mitleidenschaft gezogenen Stadt gebiet. Ganz entschieden stellte
               sich Bauer in die Nachfolge des Neuen Bauens und widersetzte sich der lokalen Tra di -
               tionsformel mit akzentuiertem Dach, Lochfassade und Massiv bauweise. Sparsam in den
               Mitteln, leicht im Ausdruck, das war es, was Bauer wollte und was die GEDOK-Damen  Nordfassade des GEDOK-Hauses, 1955 • North façade of the GEDOK building, 1955
               sich als bauliche Manifestation ihrer neu gegründeten Vereinigung wün sch ten. Und so
               wandte die Architektin die Schottenbauweise an, integrierte Trüm mer ziegel  und zog
               Decken aus Massivbetonplatten ein. Deren Aus kragungen ergaben dann die logische
               Rasterung der Südfassade. Das Arbeiten und Wohnen wurde räumlich gekoppelt, größe-  wieder ein, die Ent wurfs pläne von einem Mann kontrollieren zu lassen: Mit einem „Sind
               re Bild hauer ateliers mit Zugang zum Garten in den unteren Geschossen und an den  die Pläne durchgesehen?“ begannen die Treffen zwischen der Architektin und den Auf -
               Seiten, Räume für Malerinnen an der Nordseite und  Wohn- und Arbeitsräume mit  traggeberinnen. Einzelne Damen misstrauten Bauer derart, dass sogar ein Schieds gericht
               Balkonen nach Süden.                                          einberufen werden musste, damit diese die Ausführungsplanung behalten konnte. Auf
                                                                             der Baustelle wurde sie, die eigentlich als Ein-Frau-Unternehmen angetreten war, von
               Erstmals eine bauliche Einrichtung für freie Künstlerinnen    einem Bauleiter als Subunternehmer unterstützt. Nach  zwei Jahren Planungs- und
                                                                             Bauphase wurde das schließlich 1955 eingeweihte Haus zu einem Aushängeschild weib-
               Ein Atelier- und Wohngebäude zu bauen ist bis heute keine Allerweltsaufgabe, eines nur  licher Professionalität. Das GEDOK-Haus in der Hölderlinstraße 17 im Stuttgarter Westen
               für Frauen zu planen schon gleich gar nicht. Grit Bauer wusste, dass sie damit Neuland  zählt heute  zu den anerkannt  wegweisenden Architekturen dieses Jahrzehnts. Das
               betrat und sie war sich durchaus bewusst, dass in dieser Aufgabenstellung eine beson-  Gesamtbild war ein stimmiges und wurde schon von den Zeitgenossen wohlwollend auf-
               dere Chance lag. Hier konnte sich eine Frau als Architektin beweisen und zu gleich ein  genommen, die durchaus mondäne Zeitschrift „Die Kunst und das schöne Heim“ berich-
               emanzipatorisches Statement abgeben. Die selbstbestimmt ihrer Arbeit nachgehende  tete, und auch die Architek turzeitschrift „BOUW“ widmete dem Haus 1957 einen Beitrag.
               Frau  war eine Idee der Moderne gewesen, Bauer formte hier erstmals (!) in der  Die Stadt Stuttgart zeichnete es 1959 mit dem begehrten Paul-Bonatz-Preis aus. Seit 1992
               Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts die entsprechende bauliche Einrich tung für  eingetragenes Kultur denkmal, wurde das Haus in den letzten Jahren unter anderem mit
               freie Künstlerinnen. Entsprechend sollte die Architektur des GEDOK-Hauses über das hei-  den Mitteln der Deut schen Stiftung Denkmalschutz saniert.
               matgebunden Traditionelle hinausweisen und an das Vorbild des Neuen Bauens an -
               knüp fen. Wohnateliers hatte Walter Gropius 1925/26 für das Bauhaus Dessau geplant,  Ihr Leben selbst war das größte und anspruchsvollste Projekt
               aber auch das Haus für alleinstehende Frauen in Basel (1927) von Artaria und Schmidt
               wurde in diesem Kontext zum Vorbild und ähnlich wie auch das GEDOK-Haus städte-  Für Grit Bauer, seit 1956 verheiratete Grit Revellio, blieb dieses Haus der Mittel- und
               baulich wirksam. Was die Entwerferin Grit Bauer nicht aus eigener Anschauung kannte  Höhepunkt ihres Schaffens. Ihr Leben ging den Gang der Zeit: Nach der Heirat folgte die
               – und die Reisebedingungen in den frühen 1950er-Jahren waren nach wie vor nicht die  Geburt der drei Kinder und der kontinuierliche Rückzug aus dem Berufsleben, das doch
               günstigsten – das zog sie aus dem Buch- und Zeitschriftenmarkt, der in diesem Jahrzehnt  eben noch mit einem so verheißungsvollen Paukenschlag begonnen hatte. Ihr Ehemann
               enorm expandierte. Ihr Budget war nicht in der Weise limitiert wie das der KollegInnen  Fritz Revellio, ebenfalls Architekt und ein Schüler Egon Eiermanns, übernahm mehr und
               und so kannte sie die neuesten Bücher  von Richard Neutra, bezog mehrere Fach -  mehr die Regie bei gemeinsamen Projekten. Wie bei vielen Altersgenossinnen folgten für
               zeitschriften und besorgte sich die begleitende Publikation „International Style“  zur  die Archi tektin nur noch einzelne kleinere Projekte, mal der Bau eines Gartenhauses, mal
               berühmten MoMA-Ausstellung von 1932. In der Theorie konnte man Grit Bauer nichts  die Innenausstattung der Geschäftshäuser der Familie. Ihre Hoffnung, einmal wieder voll
               vormachen, sie hatte die Ideen und sie verstand ihr Entwurfshandwerk. Doch wie stand  ins Berufsleben einzusteigen, erfüllte sich für Grit Bauer nie. Doch verzweifelt war sie
               es um die Praxis? Die GEDOK, selbst angetreten, um Frauen zu fördern, forderte immer  darüber nicht, sie sah das Leben selbst als ihr größtes und anspruchsvollstes Projekt.


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