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Liebe Leserinnen und Leser,             Bedürfnissen genau dieser Gruppe auseinan-
                                                                          dergesetzt hat und ihnen, die bislang im Diskurs
                                  dass bundesweit zigtausende Wohnungen feh-  der Innenarchitektur unterrepräsentiert waren,
                                  len, ist keine Neuigkeit mehr. Die Gesamtzahl   Aufmerksamkeit geschenkt hat. Die  Autorin
                                  der Sozialmietwohnungen ist seit Jahren rück-  sieht hier eine große Chance für die Innenar-
                                  läufig,  zusätzlich  befeuert vom  starken  Neu-  chitektur, da unsere Disziplin da ansetzt, wo es
                                  baurückgang im Zuge der „Baukrise“. Besonders   nun weitergehen sollte: Nicht in der Schaffung
                                  prekär ist dies für Personen mit geringem oder   neuen Wohnraums, sondern in der Belebung von
                                  keinem Einkommen, die am herkömmlichen   Bestandsbauten, in der Modernisierung, Revita-
                                  Wohnungsmarkt, insbesondere in Metropolre-  lisierung, Umgestaltung. Der folgende Artikel
                                  gionen, wenige bis keine Chancen haben, pas-  von Sophie Knittel ist ein Plädoyer für die „sozi-
                                  senden Wohnraum zu finden.              ale Innenarchitektur“.

                                  Kürzlich habe ich  Sophie Knittel kennenge-
                                  lernt, die sich  während ihres Innenarchitek-  Ihr Carsten Wiewiorra
                                  turstudiums in ihrer Forschungsarbeit mit den   Präsident bdia



              Liebesbrief an die Wohnung von einer ehemals obdachlosen Person, anonym eingereicht im Rahmen der Forschungsarbeit von Sophie Knittel


































                       Soziale Innenarchitektur






                       Was ist Wohnen?
                       „Naja, Hauptsache, da ist eine Tür dran und vielleicht eine eigene Toilette und eine eige-
                       ne Dusche.“ – Karl, 8 Jahre ohne Wohnung.
                       „Ein Ort, an dem all meine Dinge sind, an dem ich mich geborgen fühle und meine Lieben
                       um mich habe.“ – Johanna, hatte immer eine Wohnung.


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