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WOHNEN • LIVING
APARTMENT
IN GIRONA
Entwurf • Design Hiha Studio, ES-Barcelona
Offen und klar strukturiert, aber auch vor Diebstahl und Hitze ge-
schützt sollte der Wohnraum werden, den die Architekten von Hiha
Studio für einen privaten Bauherrn schaffen durften. Heute überspan-
nen, einer künstlerischen Geste gleich, drei effektvoll inszenierte Ton-
nengewölbe das Objekt – ein ehemaliges, erdgeschossiges Ladenge-
schäftes im urbanen Girona. Es gelang trotz großer Raumtiefe und ex-
tensiver Verschattung ein ökonomischer und lichter Wohngrundriss.
von • by Henriette Sofia Steuer, Stuttgart
A usgangspunkt für die Umnutzung des Ladengeschosses waren zwei Deckenunter-
züge, die durch den Einbau von Tonnengewölben kaschiert werden. Parallel zur
Straßenfassade verlaufend, definieren die Deckenbögen drei unterschiedliche Nutzungs-
zonen innerhalb des Wohnungsgrundrisses: Zur Straße hin noch kompakt und verschlos-
sen organisiert, öffnet sich der Grundriss schrittweise Richtung begrünter Hinterhof.
Dabei fungiert der vom ersten Deckenbogen überspannte Bereich als Filter zwischen zu-
rückgezogenem Privatbereich und öffentlichem Straßenleben. Neben einem von der Fas-
sade zurückgesetzten, individuellen Wohnungszugang finden sich hier Arbeits- und Gäs-
tezimmer, die mit auf 1,5 Meter Brüstungshöhe gesetzten Fenstern bereits über ein hohes
Maß an Sichtschutz verfügen. Struktureller und kommunikativer Ankerpunkt des Apart-
ments ist die unter dem mittleren Gewölbe situierte Küche mit freistehendem Tresen. Als
zentrales Verteilerelement erschließt er auf platzsparende Weise das Wohnraumgefüge
und lässt zugleich interessante Sichtachsen unverbaut. Für übergeordnete Klarheit in den
clean gehaltenen Räumen sorgen im oberen Wandbereich eingesetzte Hohlziegelplatten.
Die zu den verputzten Wänden flächenbündig eingebrachte Verkleidung bringt mit ihrer
rohen Werkstoffqualität Struktur wie auch Farbe ins Apartment und betont zielgerichtet
die Gewölbe der neuen Deckenausführung. Um diesen Effekt zu stützten, wurden alle
Wände und Festeinbauten möglichst detailarm in Weiß ausgeführt und stets so dimen-
sioniert, dass der Blick auf den Ziegelfries als Raum bestimmendes Element frei bleibt.
Überspitzt wird dieser Anspruch durch die eigens für das Projekt von Künstler Kushim
Mattson entworfenen, transluzenten Möbelstücke, deren flächige Konstruktionsweisen
nahezu schattenlos bleiben und trotz ihrer unkonventionellen Machart im Raumgefüge
wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ein bis auf die Terrasse führender, geschliffener
Estrichboden erweitert zu guter Letzt den Indoorbereich schwellenlos in den Garten, der
das Wohnzimmer nach außen öffnet und über die gelochten Faltklappläden eine ver-
lässliche, natürliche Wohnraumbelichtung und -belüftung ermöglicht.
068 • AIT 7/8.2021