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WOHNEN • LIVING
HAUS WINTER-RODRIGUES
IN SALTO DE PIRAPORA
Entwurf • Design Vereda Arquitetos, BR-São Paulo
Wie schafft man es, die typische Vorder- und Rückseite von Häusern
am Hang zu umgehen? Vereda Arquitetos warten im brasilianischen
Salto de Pirapora mit einer überzeugenden Antwort auf. Darüber
hinaus ist das Wohnhaus für zwei Professoren und ihre kleine Toch-
ter ein Domizil der Gegensätze: schwer und leicht, massiv und trans -
parent, Höhle und Nest, erdverbunden und schwebend leicht …
von • by Annette Weckesser
D ie Metropolregion Grande São Paulo zählt mit ihren mehr als 21 Millionen Ein-
wohnern zu den gewaltigsten städtischen Ballungsräumen der Welt. Wer hier lebt,
weiß, was Verdichtung heißt. Rund 120 Kilometer westlich der Megacity bietet sich ein
anderes Bild. Dort liegt die Wohnsiedlung Residencial Fazenda Alta Vista – ein ländli-
ches Refugium, nahe einem kleinen Naturreservat. Dort gibt es Platz! Auf einem 1000
Quadratmeter großen, um acht Meter abfallenden Grundstück durften Vereda Arquite-
tos ein 220 Quadratmeter großes Einfamilienhaus realisieren. Ihr Konzept für das Haus
in Hanglage? Ein Raumkontinuum zwischen oben und unten, zwischen Eingangs- und
Gartenseite! Sehr eindrücklich ist dies mit dem offenen Zentrum des Domizils gelungen
– dem großzügigen Volumen des Wohn- und Essraums. Von der Eingangsseite bis zur
Terrasse lässt sich dieser luftige Raum überblicken. Einladende Sitzstufen überwinden
den Höhensprung. Seitlich eingefasst wird der Wohn- und Essraum durch massive, aus
Betonsteinen gemauerte Volumen, die analog zur Topografie teilweise im Erdreich sit-
zen. Auf der einen Seite liegt der eingeschossige Küchentrakt, auf der anderen der
zweigeschossige Schlaf-, Bad- und Ateliertrakt. Zusammengefasst wird alles unter
einem massiven, doch scheinbar schwebenden, 14 mal 14 Meter großen Betondach,
das wie das Schutzdach einer Ausgrabungsstätte wirkt. Denn losgelöst von allem, was
darunter liegt, ruht es lediglich auf vier Stützen. Kaum wahrnehmbare, profillose Glas-
scheiben füllen den Zwischenraum. Durch das „fliegende Dach“, die Sichtbezüge nach
außen und die öffenbare Glasfassade zur Terrasse stellt sich das Gefühl ein, selbst drin-
nen draußen zu sein. Spannend sind die verschiedenen Höhen innerhalb des Hauses
und die wechselseitigen Blickbeziehungen. Von der Zwischenebene des Elternschlaf-
zimmers lässt sich der gesamte Wohnraum überblicken. Nicht nur Vorder- und Rück-
seite des Hauses sind somit optisch und räumlich verbunden. Auch die Seitentrakte
vermitteln das Gefühl: „Alles im Blick!“ Bei Bedarf lässt sich der Master Bed room durch
einen Vorhang abschirmen...
066 • AIT 7/8.2020