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ÖFFENTLICHE BAUTEN  •  PUBLIC BUILDINGS

































           SPORE INITIATIVE

           IN BERLIN


           Entwurf • Design AFF Architekten, Berlin



           Im Osten nichts Neues: außen Ziegel, innen Beton und Holz. Die Mate-
           rialwahl ist recht klassisch für öffentliche Bauten – wie sie von AFF
           Architekten für den Standort der Spore Initiative in Neukölln verwen-
           det wird, ist jedoch alles andere als konventionell. Mitten im multi-
           kulturellsten Bezirk der Hauptstadt befindet sich ein neues, mehrfach
           ausgezeichnetes Gebäude der gemeinnützigen Schöpflin-Stiftung.



           von • by Lisa Klasberg, Münster
           E  in ausgelobter Realisierungswettbewerb ließ 2018 die Würfel fallen: alle Augen auf das
              Berliner Planungsbüro AFF. Neben dem Hauptsitz für die Spore Initiative sollte ein wei-
           teres Gebäude entstehen: das „Haus gemeinnütziger Journalismus“. Zusammen bilden sie –
           ganz im Sinne der Stiftung – ein gelungenes Beispiel für das (All-)Gemeinnützige! Gegrün-
           det im Jahr 2020 hat es sich die Initiative zur Aufgabe gemacht, Menschen aus aller Welt,
           die sich für den Erhalt biokultureller Vielfalt einsetzen, miteinander zu vernetzen. Zwischen
           Blockrandbebauung und parkähnlichen Friedhofsarealen wurde der passende Standort
           für ihr Vorhaben gefunden. Im Rücken befindet sich das Tempelhofer Feld – Face-to-face
           die belebte Hermannstraße. Dazwischen: der viergeschossige Neubau, der sich in seiner
           Höhenentwicklung harmonisch der Nachbarbebauung angleicht. Als Ort der Gemeinschaft
           konzipiert, bildet eine großflächige Verglasung als verbindendes Element die Schwelle von
           Innen und Außen. Schon die Fassade lässt die unterschiedlichen Nutzungen der Geschosse
           erkennen. Von öffentlich über halböffentlich zur privaten KünstlerInnen-Wohnung. So ist
           das Erdgeschoss umrandet von einer fugenlosen rötlichen Sichtbetonfassade mit hapti-
           scher Schalungsstruktur, deren Format von Weitem der übrigen Ziegelfassade ähnelt. Und
           mit genau dieser erhält ein Stück Geschichte Einzug in das Gebäude: Als Teil des Konzepts
           der lokalen Wiederverwertung von Materialien und (Möbel)-Einbauten findet ein Ziegel
           mit sichtbarer Lebensgeschichte Platz in der Fassade. Der Innenraum ist durch und durch
           bestimmt von Holz und Beton. Holz für die Treppenverkleidung und Einbauten – Beton für
           nahezu alles Weitere. Auch für die Sichtbetonrippendecke: Ähnlich der mikroskopischen
           Struktur einer Spore bildet sie inhaltlich, konstruktiv und gestalterisch die Klimax des
           Raumabschlusses. Über der „Sporedecke“ sind die Deckenfelder so konzipiert, dass
           raumakustische, brandschutz- und lichttechnische Komponenten direkt integriert sind.
           Dies kommt besonders dem Auditorium zugute. So laden tiefe Ortbetonsitzstufen mit  Foto: Hans-Christian Schink
           einem Mosaik aus aufgearbeiteten Sitzschalen aus Schichtpressholz zu Veranstaltungen
           ein! Dafür gab es – völlig zu Recht – den DAM-Preis und den Berliner Architekturpreis.

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