Page 96 - AIT0524_E-Paper
P. 96
ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS
INSTITUTO FRANCÉS
IN LIMA
Entwurf • Design Roman Bauer Arquitectos, PE-Lima; ESArquitectura, PE-Santiago de Surco
Um den Forschungsarbeiten rund um die Andenregion mehr Raum zu
geben, wurde das Institut Francés durch ein ortsansässiges Architek-
tenteam erweitert. Dafür waren nicht nur ein Neubau und eine Verle-
gung des Haupteingangs notwendig, sondern auch eine Ertüchtigung
zur Erdbebensicherheit des Altbestandes. Das neue Ensemble ermög-
licht nun auch der Öffentlichkeit den Zugang zu seinen Archivalien.
von • by Henriette Sofia Steuer, Tübingen
L imas Stadtteil Barranco ist geprägt durch die Architektur des beginnenden 20. Jahr-
hunderts. Hier steht unter anderen das 1899 errichtete, eingeschossige Herrenhaus,
das die Architekten von Roman Bauer Arquitectos und ESArquitectura für seine Nutzung
als Instituto Francés de Estudios Andinos (IFEA) erweiterten. Das 1948 gegründete Institut
umfasst wertvolle Sammlungen der Geistes- und Sozialwissenschaften von Archäologie
bis Biomedizin und will die Forschung und den Austausch zwischen den Andenländern
und Frankreich fördern. Der notwendige Erweiterungsbau nutzt den knapp sechs Meter
schmalen und über 20 Meter langen, hinteren Teil des Grundstücks voll aus — lässt den
historischen Hof samt 100-jähriger Palme jedoch unangetastet. Vom denkmalgeschützten
Altbestand bleibt der Neubau damit baulich wie gestalterisch losgelöst. Eine korridor-
gleiche Durchwegung leitet Besucher nun von der Straße am Herrenhaus vorbei in den
Hof, von dem aus sich alle Archivräume, eine Cafeteria und eine Buchhandlung direkt
erschließen. Der geradlinige Neubau verfügt neben Büro- und Archivräumen über einen
zwei Geschosse hohen Lesesaal, der zusätzlich für Konferenzen und wissenschaftliche
Veranstaltungen genutzt werden kann. Klassische Fenster hat der Baukörper aufgrund
seiner speziellen Lage nicht. Stattdessen entstand eine Art Faltdach nach historischem
Vorbild, das sich der örtlichen Bautradition entsprechend Teatina nennt und für eine
gute Durchlüftung sorgt. Auch in der weiteren Konstruktion orientierten sich die Planer
an regionalen Bausystemen, die in ihrem Zusammenspiel trotz trocken-heißem Klima
angenehme Raumtemperaturen ermöglichen: So wurde lediglich das Erdgeschoss massiv
in Beton gegossen. Das Obergeschoss entstand in Holzrahmenbauweise, die mit traditio-
nell geflochtenem Schilfrohr und lehmhaltiger Erde aus dem Gebäudeaushub verfüllt ist.
Die somit ressourcenschonend realisierten Räumlichkeiten bleiben in ihrer Ausgestaltung
darüber hinaus auf ihre pure Materialität und Textur fokussiert. Lediglich im Lesesaal
setzten die Stauräume verbergenden Holzvertäfelungen mit ihren Lochfräsungen ein
Statement und verweisen so auf die eingelagerten Textdokumente des Institutes.
096 • AIT 5.2024