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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS

































            KITA AM ENGELBACH

            IN LUSTENAU



            Entwurf • Design Innauer Matt Architekten, AT-Bezau


            Die Qualität von Bildungsbauten spiegelt die Wertschätzung wider,
            die eine Gesellschaft dem Thema Bildung entgegenbringt. Innauer
            Matt Architekten erfüllten das zentrale Anliegen ihrer Bauherren-
            schaft, unter den Aspekten Kosten, Ästhetik und Nachhaltigkeit einen
            Kindergarten als Ort der Begegnung zu errichten, an dem Kinder Ge-
            staltung erfahren, Kreativität entfalten und Gemeinsinn entwickeln.



            von • by Friederike Bienstein, Berlin
            B  esuchte man in den 1970er-Jahren einen Kindergarten im ländlichen Raum, kam es
               durchaus vor, dass die erste Klasse der ortseigenen Grundschule am Nachmittag
            dafür herhalten musste: Ein paar Möbel wurden verschoben, ein paar Holzkisten aus
            dem Flurregal in die Klasse gebracht – fertig war der Kindergarten. Lichtjahre davon ent-
            fernt stellten Innauer Matt kurz vor Österreichs erstem Lockdown einen zweigeschossi-
            gen, sechsgruppigen Kindergarten in Lustenau in Vorarlberg fertig, der 126 Kindergarten-
            plätze auf 1.900 Quadratmeter Nutzfläche beherbergt. Naturbelassenes heimisches Holz
            und in Metall gefasste Fenster, präzise Detailarbeit und eine feingliedrige Differenzierung
            prägen die einfache, stimmungsvolle Architektursprache des Hauses und verbinden das
            Potenzial des Ortes mit den Anforderungen moderner Pädagogik: Im Obergeschoss liegen
            die Gruppenräume gleichberechtigt auf einer Ebene und orientieren sich konsequent
            Richtung Südost, wodurch eine optimale Belichtung und Besonnung am Vormittag ge-
            währleistet ist. Loggien erweitern die Funktionalität der dahinterliegenden Räume und
            stellen einen Bezug zum gestalterisch und konzeptionell abgestimmten Spielbereich im
            Freien her. Fünf Einheiten mit großzügigen Kommunikations- und Bewegungszonen funk-
            tionieren als eigenständiger Bereich innerhalb des Gebäudes. Drei Treppenkerne entzer-
            ren die Verkehrsströme der Kinder zu Stoßzeiten und verbinden die beiden Ebenen mit-
            einander. Die klare räumliche Organisation erleichtert den Kindern die Orientierung und
            bildet dadurch ideale Voraussetzungen für eine kommunikative Lern- und Spielland-
            schaft. Ein sorgfältig abgestimmtes Farb- und Materialkonzept im Innenraum mit soliden
            Oberflächen aus Holz und mineralischen Materialien ist das Ergebnis der Zusammenar-
            beit mit Monika Heiss, einer Fachplanerin für Farbdesign in der Architektur. Optik und
            Haptik von naturbelassenem Eschenholz mit farblich abgesetztem Schichtstoff, geschlif-
            fenem Beton und Holzwolleplatten sorgen nicht nur für eine wohnlich-behagliche Atmo-
            sphäre und Akustik: Sie regen die Kreativität an und lassen Kindern und Pädagogen glei-
            chermaßen genügend Gestaltungsspielraum zur eigenen Entfaltung.

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