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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS
KINDERGARTEN
IN OPOLE
Entwurf • Design Port Architekci, PL-Breslau
Angetrieben von Neugier, Abenteuerlust und Entdeckergeist ermäch-
tigen Kinder sich ihrer Umgebung auf ihre ganz eigene Art – ganz
gleich in welchen Räumen sie sich befinden. Der Kindergarten in
Opole des Architekturbüros Port lässt für die persönliche Entfaltung
und das ausgelassene Spielen viel gestalterischen (Frei-)Raum und
präsentiert sich dennoch als ein Schutzraum für seine kleinen Nutzer.
von • by Sabine Marinescu, Stuttgart
V isuelle und taktile Anreize schaffen und doch in der Raumgestaltung zurückhaltend
bleiben – diese scheinbar gegensätzlichen Anforderungen wurden bei der Sanierung
des Kindergartens in Opole zu einer gelungenen Einheit verwoben. Dafür wurde der ur-
sprüngliche Charakter des bestehenden Gebäudes beibehalten, angemessen saniert und
um einen Anbau für neue Funktionen ergänzt. Dieser an der kompletten Längsseite des
zweigeschossigen Gebäudes eingeschobene Kubus beherbergt neue Klassenräume und
öffnet sich dank einer bodentiefen Verglasung der Front nach außen zum geschützten
Hof. Auch ein bestehendes Nebengebäude – vormals Werkstatt, nun Gemeinschafts-
raum – wird durch große, neu eingefügte Fenster mit viel natürlichem Licht versorgt. Im
Inneren wurden Backsteinwände freigelegt und in ihrer Ursprünglichkeit belassen, wo-
durch sie einen sichtbaren und haptischen Kontrast zu den ergänzenden weißen, glatt
verputzten Wänden sowie den eingesetzten konstruktiven Elementen aus Sichtbeton bil-
den. Hier zeigt sich überall deutlich die Geschichte und Struktur des Gebäudes: Frag-
mente eines alten Türsturzes oder Mauerwerks schaffen eigene Wand-Bilder und sogar
der Geruch des natürlichen Materials zeugt von seiner Einzigartigkeit. Unterschiedliche
Raumhöhen und -eigenschaften bieten für die ebenso unterschiedlichen Anforderungen
die passende Atmosphäre und Ausstattung. So finden sich in den Räumen Ecken zum
Verstecken ebenso wie Plätze für Zusammenkünfte. Öffnungen in den Wänden fördern
Austausch und Interaktion zwischen den Kindern, Fenster werden zum Sitzplatz, Durch-
gang, Portal oder Eingang in verborgene Welten und regen so die Fantasie an. Auch die
an einer Wand angebrachte Leiter oder die Rutsche, die sich parallel zur Treppe befindet,
animieren zum spielerischen Umgang mit dem Gebäude. Alle Einbauten, wie Türen, Fen-
ster, Regale oder Bänke sind aus Holz gefertigt und bilden somit eine weitere Ebene, die
sich von den Wandflächen abhebt. Die Gestalter des in Breslau ansässigen Studios Port
haben in diesem Kindergarten viel Feingefühl bewiesen, um einen zurückhaltend gestal-
teten Ort zu schaffen, der dennoch unendliche Gestaltungsmöglichkeiten bietet.
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