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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS
GENOVEVA-GYMNASIUM
IN KÖLN-MÜLHEIM
Entwurf • Design Chestnutt_Niess Architekten, Berlin
Als das Genoveva-Gymnasium 2011 mit dem „Preis der Jury“ des Deut-
schen Schulpreises ausgezeichnet wurde, platzte das über 150 Jahre
gewachsene Schulensemble bereits schier aus allen Nähten. Der Er-
weiterungsbau von Chestnutt_Niess Architekten beschert Schülern
und Lehrern auf 3.400 Quadratmetern Sporthalle, Bibliothek, Mensa,
Laborräume und Atrium unter einem gemeinsamen, luftigen Dach.
von • by Petra Stephan
D as von der Schulgemeinschaft liebevoll „Geno“ genannte Gymnasium passte sich
in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder den jeweiligen politischen und so-
zialen Verhältnissen an. 1876 als Mädchenschule gegründet, 1911 mit einem repräsentati-
ven Neubau ausgestattet, im 2. Weltkrieg stark beschädigt, in den 1950er-Jahren renoviert
und bis in die 1970er-Jahre mehrfach erweitert – hatte sich letztendlich eine gewachsene,
heterogene Struktur ergeben, die so gar nicht das widerspiegelte, wofür das Genoveva-
Gymnasium von der Jury des Deutschen Schulbaupreises als „Schul-Perle in Mülheim“
gelobt wurde. Längst ist das Geno keine Mädchenschule mehr, Integration ist das große
Thema. Heute besuchen 700 Schülerinnen und Schüler aus 35 Ländern das Gymnasium,
das sich auf vier prägende Werte geeinigt hat: Toleranz, Mitgestaltung, Selbstbewusstsein
und Nachhaltigkeit, die sich auch im neuen Schulgebäude ausdrücken sollten. Chest-
nutt_Niess Architekten aus Berlin haben dafür den Altbau um einen U-förmig angelegten
viergeschossigen Erweiterungsbau aus Stahlbeton ergänzt, der nun mit den Querflügeln
einen Innenhof bildet. Mit einer transluzenten membranartigen Überdachung aus Luft-
kissen ist das Atrium mit einem Amphitheater aus Sitzstufen, Ausstellungsflächen und
einem Patio ein heller und lebendiger Aufenthaltsort. Mehrgeschossige Galerien um die-
sen „Marktplatz“ erschließen die neuen Unterrichtsräume. Die Ein- und Durchblicke ver-
leihen dem Zentrum eine anregende räumliche Dramaturgie für den Schulalltag. Die
kompakte Bauform erhält einen farblich abgesetzten Sockel, der das Gebäude, innen wie
außen, optisch und räumlich in zwei Hälften gliedert. In den beiden unteren Geschossen
des Gebäudes befindet sich das „Casa Nero“, in dem vorwiegend die Sondernutzungen –
Einfeldsporthalle, die Bibliothek und die Mensa – zusammengefasst sind. In den Ober-
geschossen – in hellen Farbtönen gehalten und „Casa Bianca“ genannt – sind die Klas-
sen- und Laborräumen vorgesehen. Das gesamte Gebäude ist barrierefrei, nach modern-
sten Anforderungen der Energiesparverordnung ausgeführt und gewährleistet die gefor-
derte Ganztagesbetreuung. Viel Licht, Luft und Raum prägen das neue Selbstbewusstsein.
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