Page 122 - AIT0423_E-Paper
P. 122

BÜRO UND VERWALTUNG • OFFICE BUILDINGS

































            RAMBOLL-NIEDERLASSUNG

            IN BERLIN



            Entwurf • Design PLY Atelier, Hamburg


            Zukunftsorientiert und vergangenheitsverliebt: Für Ramboll gestaltete
            PLY Atelier eine flexibel anpassbare New Work-Bürolandschaft in
            einem denkmalgeschützten Industrieareal – den Wilhelm-Hallen im
            Berliner Bezirk Reinickendorf. Auf zwei Geschossen bieten die Räum-
            lichkeiten der ehemaligen Eisengießerei Platz für rund 90 Mitarbeiter
            des dänischen Ingenieur- und Management-Beratungsunternehmens.



            von • by Stephan Faulhaber
            S  eit 2021 erwecken Foto- und Musikstudios, Ateliers sowie Veranstaltungs- und Aus-
               stellungsräume die lange Zeit ungenutzte Liegenschaft – einhergehend mit Sanie-
            rungsarbeiten – sukzessive zu neuem Leben und locken die Berliner Kreativ- und Kultur-
            szene in die Wilhelm-Hallen. Nun erweitern außerdem Büroflächen den Synergismus der
            unterschiedlichen Disziplinen auf dem 20.000 Quadratmeter großen Gelände. Harmo-
            nisch eingefasst wird das bunte Allerlei von einer homogenen Klinkerarchitektur. Die ins-
            gesamt sechs Backsteingebäude der Gießerei Carl Schöning wurden in der Zeit der Jahr-
            hundertwende, zwischen 1898 und 1918, unter Leitung von Architekt Hermann Streubel
            errichtet und haben seither nur wenig von ihrem Liebreiz eingebüßt. Nahezu unverändert
            und von Ruß bedeckt verbürgt die dezente Versatz- und Verband-Ornamentik die vergan-
            gene Industrienutzung. Weit progressiver präsentiert sich die Innenarchitektur. So auch
            im Gebäude D, in dessen Erd- und Obergeschoss sich neuerdings moderne Büros mit fle-
            xibel anpassbaren Arbeitsplätzen befinden. Joke Rasch, David Einsiedler und Daniel
            Schöning beließen die nach der Entkernung freigelegte Konstruktion sichtbar – mit Aus-
            nahme der Rohdecke, die sie mit einem lichtgrauen Fußbodenbelag aus Kautschuk und
            feinem Granitsplitt beschichteten. Qualitätvoll kontrastiert die akkurate Einrichtung aus
            Birke, Aluminium, Holzwolle und Linoleum den rohen Hintergrund. Zur Verbesserung der
            Raumakustik wurden in beiden Ebenen geschwungene, weiße Elemente – als eine Art
            Segel-Komposition – an einem Seilsystem montiert. Harmonisch steigern sie die Komple-
            xität der Kappendecke: Ein Akustiksegel überspannt je zwei der flachen Tonnengewölbe.
            Die Sicht auf die eigentliche Deckenstruktur bleibt erhalten. Rhythmisch angeordnete
            Pendelleuchten betonen die konkaven Wölbungen durch indirektes Licht und sorgen für
            eine gleichmäßige Ausleuchtung der Arbeitsplätze. Weniger gelungen ist indes der pro-
            jektionswandähnliche Sonnenschutz – wenn auch nachvollziehbar, da das Gebäude
            (heute) die filigrane Unterteilung der Fensterrahmen mit gusseisernen Sprossen vermis-
            sen lässt; nicht zuletzt wegen seiner Vergangenheit als Eisengießerei.

            122 • AIT 4.2023
   117   118   119   120   121   122   123   124   125   126   127