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BÜRO UND VERWALTUNG • OFFICE BUILDINGS
CO-WORKING-SPACE
DB EVERYWORKS IN BERLIN
Entwurf • Design Bauer+Pohl mit Sebastian Weindauer, Berlin
Mit den „Öffentlichen“ zur Arbeit – das versteht sich hier von selbst.
Everyworks heißt das junge Projekt der Deutschen Bahn. In der
zehnten Etage des Berliner Hauptbahnhofs, auf 1.500 Quadratme-
tern, entstanden Co-Working-Spaces und flexible Büroflächen –
temporäre Arbeitsplätze für Einzelpersonen, Gruppen und Unter-
nehmen. Online-Buchung per App, minutengenaue Abrechnung.
von • by Stephan Faulhaber
R ückbesinnung auf die Zukunft. Poppige Farben, unerschrockene Muster, gewagte
Kombinationen – bunt, unbeschwert, optimistisch – so sah sie aus, die in den
1980er- und 1990er-Jahren popkulturell ausgelebte Utopie für die Zeit nach der Jahr-
tausendwende. Deutlich nüchterner sieht das 21. Jahrhundert tatsächlich aus – bislang!
Cloud Rap, Vaporwave und Synthwave sind beliebte Subgenres populärer Musik,
deren Retro-Klangästhetik beim Hörer nostalgische Gefühle hervorruft. Daran erinnert,
wie heiter und agil die Zukunft – beziehungsweise Gegenwart – aussehen kann, wird
man auch durch die Architektur von David Bauer, Martin Pohl und Sebastian Wein-
dauer. Weiteres haben die Musikströmung und das Interieurdesign gemein: Die Tiefen
sind offen, flächig und langsam; die Mitten synthetisch, melodisch und rhythmisch; die
Höhen sind schlank, präzise und schnell. Weg vom puristischen Wohnzimmerlook, an
dem man sich im Lockdown sattgesehen hat. Everyworks stellt nicht nur das Gegen-
modell des klassischen Büros dar, sondern liefert auch eine attraktive Alternative zum
Homeoffice. Die sich ändernde Arbeitskultur, durch Corona befeuert, wurde erkannt
und gefördert. Den Raumauftakt des längsgerichteten Grundrisses markiert die Wel-
come Area, mit dem Empfang durch das Team von everyworks. Ein prominentes Bar-
element – eine Art Hybridmöbel – fasst Auskunftszentrale, Kaffeebar und Kunden-Ar-
beitstresen in sich zusammen. Mit einer hinterleuchteten, perforierten Blechwand als
markenbildendes Designfeature. Großzügig und heterogen. Auch zu Peak-Zeiten kön-
nen viele Nutzer zeitgleich um den Tisch verteilt warten und arbeiten. Ankommen, un-
terhalten und relaxen – dafür wurde der angrenzende Loungebereich, mit angeglieder-
ter Garderobe, konzipiert. Vorwiegend textile Oberflächen erzeugen eine muntere an-
genehme Atmosphäre. Keine Zurückhaltung – denn die wünscht man sich auch nicht
vom Publikum. Flexibilität und Skalierbarkeit wurden im Entwurf berücksichtigt, da
die Architekten den deutschlandweiten Rollout der Initiative „Smart City“ begleiten.
So lassen sich örtlich angepasst, individuelle Sitz- und Arbeitslandschaften erstellen.
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