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BÜRO UND VERWALTUNG • OFFICE BUILDINGS

































            ARCHITEKTURBÜRO

            IN WESTOUTER



            Entwurf • Design TOOP architectuur, BE-Westouter


            „Flexible Bürofläche neu interpretieren“ war der Leitgedanke des un-
            gewöhnlichen Konzeptes, mit dem das belgische Architekturbüro
            TOOP auf den Bedarf an zusätzlicher Bürofläche reagierte. Die Lösung
            waren kostengünstige Schiffscontainer. Sie lassen sich leicht um-
            bauen und mit Öffnungen bestücken, sie können fast überall platziert
            werden und – je nach Verkleidung – mit dem Standort interagieren.



            von • by Anna Katharina Göb
            U   nsichtbar muss nicht unscheinbar bedeuten. Das beweist ein kleines Architektur-
                büro an der nördlichen Grenze von Belgien zu Frankreich mit der Erweiterung ihrer
            Büroflächen durch zwei umgebaute Schiffscontainer. Während ein Container auf die Ei-
            genschaften eines typischen Reihenhausgrundstücks in der Innenstadt ausgelegt ist und
            sich holzverkleidet der gebauten Struktur anpasst, fügt sich ein zweiter in die umgebende
            Natur ein. Durch die  Verkleidung der Außenhaut mit verspiegelten Aluminiumpaneelen
            wird die Umgebung auf der Gebäudehülle reflektiert, und das mitten in der Landschaft
            verortete kleine Gebäude verschwindet auf beeindruckende Weise nahezu gänzlich im
            Grünen. Zusätzlich erhalten beide Container im Inneren natürlich eine Aufwertung ihres
            vorangegangenen Verwendungszwecks. Für die Innenwände haben die Architekten auf
            kostengünstiges Sperrholz zurückgegriffen und aus diesem, neben dem Boden und der
            Decke, auch alle Einbauten wie die Regale und Schreibtische gefertigt. Nicht zuletzt, um
            ihren Bauherren aufzuzeigen, dass sich auch mit geringem Budget individuelle Lösungen
            umsetzen lassen. Die Abmessungen der Platten sind dabei modulbestimmend und die
            Basis für die Breite der Tischplatten und Regaltiefen. Unbehandelte Stahlbänder mit
            formschlüssigen Verbindungen bilden die vertikalen Elemente innerhalb der Möbelsy-
            steme, die nicht ver- oder angeschraubt werden müssen und ein hohes Maß an Flexibi-
            lität und Wiederverwendung behalten. Drei raumhohe und aufschiebbare Fensterele-
            mente nehmen den Großteil der vorderen Fassade ein und eröffnen sprichwörtlich die
            Möglichkeit eines eindrucksvollen Arbeitsplatzes unter freiem Himmel. Dies offenbart
            den hohen Stellenwert, den die belgischen Architekten einer intensiven Interaktion zwi-
            schen Innen und Außen einräumen, der bei vielen ihrer Projekte im Fokus steht. Ihr Ar-
            chitekturlabor sehen sie als Diptychon, weil es als Projekt aus zwei individuell entwickel-
            ten Kubaturen an zwei unterschiedlichen Standorten besteht. Sie können sich einen wei-
            teren Container  vorstellen, der eine andere Antwort auf einen anderen Standort gibt, um
            dann Teil eines Triptychons zu werden – mit Aussicht auf ein Polyptychon.

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