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WOHNEN • LIVING
ERIKAS & WILLIS SCHEUNE
IN ALBISHEIM
Entwurf • Design Piertzovanis Toews, CH-Basel
In der beschaulichen Ortschaft Albisheim in der Pfalz wurde einem
einst landwirtschaftlich genutzten Gebäude neues Leben einge-
haucht. Ein engagiertes Bauherrenpaar transformierte die alte Scheu-
ne mit Unterstützung des Basler Architekturbüros Piertzovanis Toews
in einen modernen Wohnraum – und überrascht aufgrund eines far-
benfreudigen und abwechslungsreichen Raum-im-Raum-Konzepts.
von • by Susanne Lieber, CH-Zürich
E s war ein Kraftakt, aber er hat sich gelohnt. Vier Jahre lang bauten Erika und Willi
eine Scheune zu einem 285 Quadratmeter großen Wohnhaus um – ein Wohnhaus
mit besonderem Charakter: charmant und offen, aber gleichzeitig eigenwillig, um nicht
zu sagen, ein bisschen keck. Denn so einen beherzten Umgang mit Farbe vermutet man
bei einem denkmalgeschützten Objekt mit dicken Bruchsteinmauern, Lehmziegeln und
hölzernem Dachstuhl zunächst nicht. Schon eher ein klassisches „Ü-80“-Farbspektrum
in Beige, Braun und Grau. Der Blick in das historische Gemäuer erstaunt demnach. Doch
zunächst zur Ausgangssituation des Umbauprojekts: Die große, L-förmige Scheune wurde
früher vor allem als Heulager genutzt und ist eines von mehreren landwirtschaftlichen
Gebäuden, die sich um eine alte Mühle aus dem 18. Jahrhundert gruppieren. Der äußere
Charakter des historischen Baus musste also grundsätzlich erhalten bleiben, was Verände-
rungen an der Fassade – zum Beispiel größere Fenster für mehr Tageslicht – nicht erlaubte.
Allerdings durfte stattdessen im Dach ein Fensterband eingesetzt werden, das sich über die
gesamte Länge des Gebäudes erstreckt. Um die Scheune bewohnbar zu machen, wurde
ein Raum-im-Raum-Konzept erstellt, wobei teilweise monochrome Wohnwelten definiert
wurden. So auch einer der beiden Schlafbereiche mit angeschlossenem Bad. Mitsamt des
Terrazzo-Waschbeckens wurde hier alles komplett in Blau getaucht. Wie auch bei den
anderen farbig lasierten Holzoberflächen blieben die Maserungen der Sperrholzplatten
sichtbar, was die Optik zusätzlich belebt. Insgesamt ist ein abwechslungsreiches Raumge-
füge entstanden, das vom historischen Dachstuhl überspannt wird und harmonisch mit
der Vergangenheit korrespondiert. Bis auf das Setzen der Fenster und den Einbau der Hei-
zung wurde dabei alles von Erika und Willi Thiessen in Eigenleistung erbracht. Das hand-
werkliche Geschick war ihnen allerdings nicht von Anfang an gegeben, das mussten sie
sich tatsächlich erst aneignen. Am Ende haben sie sogar den Esstisch, den Wohntisch und
mehrere Leuchten – von den Architekten entwickelt – mit ihren eigenen Händen gebaut.
Was einmal mehr beweist: Manchmal muss man sich einfach nur trauen!
094 • AIT 3.2025