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WOHNEN • LIVING
LAGERFELD APARTMENT
IN PARIS
Entwurf • Design Pauline Leprince, FR-Paris
Bis zu seinem Tod 2019 lebte Karl Lagerfeld in seinem Apartment
direkt an der Seine. Er liebte die Extravaganz, hasste aber den Geruch
von Essen, das er sich lieber von zwei Köchen in seiner Zweitwohnung
in der Rue des Saints-Pères servieren ließ. Sein Fotostudio befand sich
an einem dritten Ort. Als alle drei „Maisons“ 2024 versteigert wur-
den, erhielt Pauline Leprince die Chance, das zweite neu zu gestalten.
von • by Janina Poesch
I hre erste Möbelkollektion präsentierte Pauline Leprince 2023 auf der Paris Design Week
und begeisterte mit ihren Aluminiumobjekten nicht nur das Publikum. Sie erregte auch
die Aufmerksamkeit eines Interessenten, der sich wenige Monate später als neuer Eigen-
tümer des ehemaligen Lagerfeld-Apartments an die junge Designerin und Innenarchitektin
wandte und alles auf einmal sehr schnell ging: „Nachdem ich mir die Wohnung angese-
hen hatte, dauerte es keine 24 Stunden und ich hatte ein Moodboard mit Anleihen aus
der Bauhaus- und Memphis-Ära erstellt.“ Bei der Neukonzeption der 380 Quadratmeter
großen Maisonette ging es ihr dabei vor allem um eine harmonische Verschmelzung von
Erbe und Innovation sowie um eine zeitgemäße Interpretation der Räume und Materialien.
So legte sie großen Wert darauf, die Seele des Ortes zu bewahren und gleichzeitig sein
Potenzial durch raffinierte Eingriffe neu zu interpretieren, indem sie mit den Kontrasten
von Licht und Schatten, Opulenz und Minimalismus spielte. Die Materialien – eine Trilogie
aus Walnussholz, gebürstetem Edelstahl und Kalkstein – wurden zudem sorgfältig ausge-
wählt, um eine subtile Zeitlosigkeit widerzuspiegeln, während die Flächen neu angeordnet
wurden, um ein fließendes Raumkontinuum zu schaffen: Im Erdgeschoss befinden sich
Wohn-, Ess- und Barbereich, in der oberen Etage sind die Schlafzimmer, Ankleide und
Bad sowie im Untergeschoss ein Spa-Bereich untergebracht. Zeitlose Designerstücke und
maßgeschneiderte Kreationen – wie etwa Leuchten, Tische, Stühle, Regale, das Sofa, das
Bett und die Waschtische – fügen sich zu einem Gesamtkunstwerk, das auf das Werk
und die gestalterischen Vorlieben des Modeschöpfers referenziert, aber auch eine ganz
eigene Handschrift trägt, die auf kraftvollen, skulpturalen und ebenso radikalen Elemen-
ten basiert. „Meine Arbeit ist sehr persönlich“, erklärt Pauline Leprince, die ihre Wur-
zeln eigentlich in der Filmbranche hat: „Es geht um meine Emotionen und darum, aus
literarischen und künstlerischen Einflüssen meine eigene kinematografische Sprache zu
kreieren.“ Dies ist ihr durchaus gelungen: Das Apartment ist voll und ganz ihrem eigenen
Drehbuch unterworfen, aber der visionäre Geist Lagerfelds bleibt immer die Hauptfigur …
068 • AIT 3.2025