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Markierungs- und Leitsystem der Gesamtschule Geschwister-Scholl-Schule, Zossen. Fotograf ist Alexander Rudolph, Domus images, Büro: Baustudio, Rostock. Peggy Kastl, Innenarchitektin bdia.

Frauen sind nach wie vor ein bisschen fremd chen Stil zu führen, einer Möglichkeit, Fa- von anderen für knallhart gehalten zu wer-
in dieser männlichen Domäne, in der häufig milie und Beruf ausgeglichen unter einen den. Letzteres ist für Innenarchitektinnen
Chauvi-Klartext gesprochen wird. Dort, wo Hut zu bringen. Das Gerangel auf der Bau- und Innenarchitekten im Übrigen überle-
ein Dekolleté am Hosenbund der verschwit- stelle und die Frotzeleien erfordern, dass benswichtig, um nicht zwischen den vielen
zen Boden- und Fliesenleger eher zu finden man die eigenen Schwächen kennt und Parteien zerrieben zu werden oder in Be-
ist als sonst in der Gesellschaft, wo es im- damit umgehen kann. Der harte Ton irritiert langlosigkeit zu versinken.
merhin die Hälfte der Bevölkerung mehr uns. Viel zu sehr sind wir Frauen immer noch
oder weniger verborgen trägt. Immerhin in Rollenbildern verhaftet, die, wenn wir uns Aber irgendwann gehört man einfach zu
sind gut ein Drittel aller Architekten in von ihnen freimachen wollen, uns mehr ab- den Erfahrenen, man weiß genau, wie es
Deutschland Frauen, wobei diese jedoch zu fordern als den männlichen Kollegen. Es ge- geht. Wenn ich den Staub auf der Baustelle
einem noch geringeren Prozentsatz auf den hört immer noch Mut dazu, sich vor allem rieche, Lehm an den Füßen habe, fühle ich
Baustellen anzutreffen sind. Warum muss selbst Respekt abzuverlangen. mich einfach nur zu Hause. Ich bemerke
das Tagesgeschäft auf dem Bau immer nur manchmal, wenn plötzlich mal Frau
noch weitgehend ohne Frauen auskom- Mit ein bisschen Erfahrung wird vieles leich- Bauarbeiter vor mir steht, wie überrascht
men? ter. Zumindest mein Weg dahin war hart, ich bin.
geprägt von nächtlichen Wutausbrüchen
Wenn man sich die Baustellen ansieht, und Fleißattacken, Ängsten davor, zu ver-
dann wird vor allem eines deutlich: Auf dem sagen. Aber sind wir ehrlich: Da muss auch
Bau besteht nur, wer sich bewährt. Das ob- jedes andere Greenhorn durch. Was zählt,
ligatorische Spießrutenlaufen am Bau wird ist am Ende immer Authentizität, gerade-
sich immer an der geschlechtsunabhängi- heraus zu sein und gemeinsame Lösungen
gen Persönlichkeit des Greenhorns ent- zu finden.
scheiden; da müssen alle durch. Was zählt,
sind weniger die geschlechtsspezifischen Harte Arbeit vs. Selbstfürsorge
Merkmale, als konstruktiv zu sein, zuhören
zu können, Probleme zu lösen und Konfron- Nur wenige Berufe erlauben es, so vielfältig
tationen nicht auszuweichen –kurz: führen tätig zu werden. Leidenschaft und Interesse
zu können. für den Beruf lassen uns viele Nächte
durcharbeiten und an den besten Lösungen
Qualitäten, die jeden guten Bauleiter aus- feilen. Das ist nicht immer leicht mit der Fa-
machen, ob männlich oder weiblich. Frauen milie unter einen Hut zu bringen. Frauen
wird die Führungskompetenz weit weniger brauchen dabei wesentlich mehr Unterstüt-
häufig abgesprochen, als zunächst zu ver- zung, weil sie den Beruf nicht immer über
muten ist. Wenn eine Frau sich auf den Bau die Kinder oder den Partner stellen wollen.
traut und weiß, was sie will, dann wird ihr Es darf ruhig insgesamt mehr ankommen,
in aller Regel respektvoll zugehört. Warum dass sich um die Familie zu kümmern oder
findet man trotzdem verhältnismäßig we- auch einfach nur Selbstfürsorge zu betrei-
nige Frauen in unserem Beruf und noch weit ben ein unverzichtbarer Baustein der Ge-
weniger auf den Baustellen? sellschaft ist. Es wird erst eine Veränderung
der Geschlechterverteilung im Beruf geben,
Gerangel auf der Baustelle wenn dieser Wert Allgemeingut ist. Foto: Thomas Ulrich
Die Antwort ist eng verknüpft mit der ins- Es braucht eine Weile, im Beruf die Leich-
gesamt nicht so ausgeglichenen Führungs- tigkeit zu finden, die einmal dazu geführt
verantwortung von Frauen. Wir versuchen hat, warum wir unbedingt das studieren Peggy Kastl, Innenarchitektin bdia,
führt ihr eigenes Büro „Baustudio“ in Rostock.
immer noch, nach einem eigenen, weibli- wollten. Dass man auch damit leben kann, www.baustudio-rostock.de.

AIT 3.2022 • 131