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Therese Mogger
1875 geboren in Ottobeuren um 1909 Architekturvorlesungen TU München und TH Berlin-Charlottenburg 1912 Aus -
stel lung „Die Frau im Haus und Beruf“, Bau von Mehrfamilienhäusern in Düsseldorf 1919 als erste Architektin Auf -
nahme in BDA 1920er-/30-Jahre zahlreiche Projekte im Stil des Neuen Bauens 1956 in Ottobeuren beigesetzt
Mit Therese Mogger, der ersten weiblichen BDA-Architektin, setzen
wir unsere neue Serie „Frau Architekt“ fort. Unter diesem Titel zeig-
te das Deutsche Archi tekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main bis
zum 8. März eine viel beachtete Ausstellung und Ende Februar fand
dazu ein großes internationales Symposium statt. Die Berliner Archi -
tektur historikerin Mary Pepchinski hat eine der 22 Architektinnen
porträtiert, deren Leben und Werk die Initiative des DAM besonders
ehrt. Wir veröffentlichen ihren gekürzten Beitrag.
With Therese Mogger, the first female BDA architect, we continue Quelle: Familie Meßner/Tessa Meßner
our new series "Frau Architect". Under this title, the Deutsches
Architekturmuseum (DAM) is presenting a highly acclaimed exhibiti-
on until March 8, and a major international symposium on this took
place in Frankfurt at the end of February. Berlin-based architectural 1907 im Zeichensaal der TU München: Mogger und von Knobelsdorff • 1907 in the art room of the TU of Munich
historian Mary Pepchinski portrayed one of the 22 female architects
whose life and work is particularly honoured by the DAM initiative.
Dreifamilienhaus in der Keldinichstraße in Düsseldorf (1912) • Three-family home on Keldinichstraße (1912)
We publish her shortened paper.
von • by Mary Pepchinski
E in um 1930 fertiggestelltes Porträt zeigt eine stehende Frau mittleren Alters. Ihr
schwarzes, locker aus dem Gesicht gestrichenes Haar weist schon leichte Spuren von
Grau auf. Ihre blauen Augen schauen den Betrachter unverwandt an und ihre rosigen
Wangen zeugen von Gesundheit und Vitalität. Abgesehen von einer schlichten ovalen
Brosche an ihrem weißen Kragen, trägt sie keinen Schmuck. Andere Details wecken je -
doch unser Interesse: Ein weißer Kittel bedeckt ihr dunkelblaues Kleid, ihre linke Hand
umfasst ein Zeichendreieck, während ihre rechte einen Bleistift über die Skizze eines klei-
nen weißen Hauses mit asymmetrischer Fassade hält sowie der Grundriss eines großen
Gebäudes, das den Hintergrundes des Gemäldes einnimmt. Die Künstlerin Karla Lehr
zeigt Therese Mogger als stolze Architektin und angesehene Fachfrau. Wer aber war
Therese Mogger, eine elegante, gesetzte Frau, die im 19. Jahrhundert aufwuchs und gleich- Quelle: Familie Meßner/Tessa Meßner
zeitig eine berufstätige Frau, die offenkundig im 20. Jahrhundert zu Hause ist? Therese
Geiger wurde 1875 in Ottobeuren in Bayern in eine wohlhabende Familie geboren, die die
Brauerei des ortsansässigen Benediktinerklosters betrieb. Vor ihrer Heirat mit Emil Mog -
ger und der Geburt ihrer drei Söhne besuchte sie eine höhere Schule und schloss eine
Ausbildung zur Lehrerin ab, dies war der höchste Bildungsgrad, den eine Frau im katho-
lischen Bayern damals erwerben konnte. Um 1900 entschied sie sich jedoch die Konven- den setzten ihr Studium an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg fort, wo
tionen zu ignorieren. Eine Jugendfreundschaft mit dem Architekten Lothar Gaßner sich Knobelsdorff 1909 als erste weibliche Architekturstudentin immatrikulierte und 1911
(1854–1889) hatte ihr Interesse an Architektur geweckt und sie beschloss, eine Laufbahn als erste Frau in Deutschland den Grad einer Diplom-Ingenieurin errang. Mogger nahm
auf diesem Gebiet einzuschlagen. Ihr Erbe versetzte sie in die Lage sich scheiden zu vermutlich als Gasthörerin teil. Während ihres Studiums sammelte Mogger praktische
lassen, ihre Kinder in einem Internat unterzubringen. Irgendwann vor 1909, als sie die Erfahrung im Büro eines Baumeisters am Bodensee sowie in einem Architekturbüro in
30 bereits deutlich überschritten hatte, begann sie als Gasthörerin die Architekturvor- Mulheim und sie fertigte in Bayern Entwürfe für Wohnprojekte an. Im Sommer 1911 lebte
lesungen an der Tech nischen Hochschule in München zu besuchen. sie in Düsseldorf. Im März 1912 kehrte sie jedoch nach Berlin zurück, wo sie in der Aus -
stellung „Die Frau im Haus und Beruf“ ihre Architekturprojekte neben denen von Elisa -
Drei Architekturstudentinnen pro Jahr an der TU München beth von Knobelsdorff und Emilie Winkelmann (1875–1951) zeigte. Die von bourgeoisen
Feministinnen zusammengestellte umfangreiche Präsentation von Projekten aus der Hand
Nach 1909 wurde die TU München, die Studenten durch die Qualität der Leh renden, die von Frauen war zugleich die erste in Deutschland gezeigte Schau von Architektinnen.
Offenheit für neue Ideen und den Stellenwert des Zeichnens anzog, zur beliebtesten Künstlerinnen hatten eine Schlüsselrolle bei der Organisation von „Die Frau im Haus und
Ausbildungsstätte für Architekten in Deutschland. Bayerische Universitäten gestatteten es Beruf“ gespielt, und zwei von ihnen, Else Oppler-Legband und Lilly Reich, planten eine
Frauen ab dem Jahr 1904, Lehrveranstaltungen als Gasthörerinnen zu besuchen, ab 1905, weitere derartige Schau im „Haus der Frau“, einem temporären Pavillon auf der Aus -
sich einzuschreiben, und so nahmen 1905/06 die ersten offiziell immatrikulierten Frauen stellung des Deutschen Werkbundes im Sommer 1914. Für die Gestaltung dieses Pavillons
ein Architekturstudium auf. Dank der restriktiven Vorschrift, nur Frauen zuzulassen, die bereiteten sie einen für Architektinnen in Österreich und Deutschland offenen Wettbe -
an einer der acht Mädchenschulen im Deutschen Reich das Abitur abgelegt hatten, blieb werb vor. Ob wegen ihres Alters – sie war fast vierzig – oder wegen ihres mühsamen Wegs
ihre Zahl mit einem Durchschnitt von drei Studentinnen pro Jahr oder einem Prozent der in den Architektenstand fühlte sich Mogger veranlasst, einen vernichtenden Brief über den
Studentenschaft bis 1916 gering. Während ihrer Zeit in München verband Mogger eine dilettantisch organisierten Wettbewerb zu verfassen, der im Sommer 1913 in der an -
enge Freundschaft mit ihrer Kommilitonin Elisabeth von Knobelsdorff (1877–959). Die bei- gesehenen Architektur zeit schrift „Der Profanbau“ erschien. Konsterniert von der unzu-
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