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Gemüseverkäuferin, La Paz, 2023
                                                                          von • by Anja Schlamann

                                                                          www.schlamann.com


                                                                          Ladentische. Unter diesem Titel hat Anja Schlamann ihre wohl be-

                                                                          kannteste Fotoserie geschaffen, doch längst zeigen die Bilder mehr

                                                                          als die namensgebenden Möbelstücke. Seit 2004 widmet sich die

                                                                          Künstlerin der weltweiten Vielfalt von Verkaufsorten und -formen.

                                                                          Was als dokumentarische Auseinandersetzung mit den funktionalen

                                                                          Möbeln des Handels begann, hat sich zu einer vielschichtigen Unter-

                                                                          suchung weiterentwickelt. Ihr Hintergrund als Architektin prägt die-

                                                                          sen Blick. Mit ihrer analogen Großformatkamera hat Schlamann Ver-


                                                                          kaufsflächen auf fünf Kontinenten dokumentiert: von Ladenlokalen
                                                                          bis hin zu improvisierten Ständen, oft einfache Matten und Decken –


                                                                          oder mitten auf staubigem Boden. Ladentische, ursprünglich zent-

                                                                          rales Motiv, verlieren zunehmend an Bedeutung oder fehlen ganz.

                                                                          Wir zeigen drei ihrer jüngsten Fotografien. Entstanden sind diese auf

                                                                          Märkten Lateinamerikas und sie verdeutlichen die Weiterentwick-

                                                                          lung des Sujets. Die offenen Verkaufsräume, in denen die Waren –

                                                                          von Kürbissen bis zu Heilkräutern – präsentiert sind, spiegeln eine oft

                                                                          informelle Ökonomie wider, die von Mobilität und Spontanität ge-

                                                                          prägt ist. „Ladentische“ weckt dabei eine Erwartungshaltung, die die

                                                                          neuen Arbeiten ironisch brechen. Die offene, flexible Alternative zu

                                                                          unserer Vorstellung eines geordneten Verkaufsraums lenkt den Blick

                                                                          auf die sozialen und wirtschaftlichen Spannungen; eine Ordnung

                                                                          jenseits  westlicher  Konsumkultur,  die  dennoch  ihre  eigene  Logik

                                                                          besitzt. Würden wir Gemüse kaufen, das auf einer Decke am Stra-

                                                                          ßenrand angeboten wird? Warum ist ein Tisch in unseren Märkten

                                                                          so selbstverständlich, dass sein Fehlen irritiert? Die Serie beleuchtet

                                                                          diese Diskrepanz, ohne sie explizit zu bewerten. Stattdessen bietet

                                                                          sie Raum zur Reflexion: über Ordnung, Begegnung und die tiefere

                                                                          Bedeutung vermeintlich banaler Möbelstücke.                                 sf
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