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VERKAUF UND PRÄSENTATION • RETAIL AND PRESENTATION

































            SHOPPINGCENTER KÄMP

            GARDEN IN HELSINKI



            Entwurf • Design Futudesign, FI-Helsinki; Lindroos Architects, FI-Helsinki


            Das Tempo, mit dem wir unser Leben bestreiten, hat in den letzten
            Jahren zugenommen. Die Musik, die wir hören, die Geschwindig-
            keit, mit der wir reisen oder durchs Internet surfen – bis hin zu un-
            serem Kaufverhalten ... Lindroos Architekten und Futudesign schu-
            fen  in  Helsinki  einen Verkaufsraum,  der  als  entschleunigende
            Oase einen Gegenentwurf zu dieser Shopping-Hektik bildet.



            von • by Theresa Hütte
            W    o vor wenigen Jahren noch ein besonders großes Angebot überzeugen konnte,
                 verschiebt sich heute der Fokus: Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und faire Produk-
            tionsbedingungen sind bei Kunden immer gefragter. Das Bewusstsein, dass jeder
            Schritt  – und sei er noch so klein – zu einer positiven Gesellschaft und zur Klimawende
            beitragen kann, schlägt sich in einer Branche nieder, deren Schnelllebigkeit zu einer
            der größten Umweltsünden gehört – der Retailbranche, allen voran aber der Modewelt.
            Wie es anders gehen kann, zeigen kleine Labels. Überschaubare Kollektionen, regional
            und fair produziert mit einer nahbaren und persönlichen Kommunikation sind auf
            dem Vormarsch, um Preisdumping und Überangebot abzulösen. Diesen Zeitgeist er-
            kannte auch die Kämp Galerie in Helsinki. Im zweiten Geschoss des Einkaufszentrums
            entstand das Shopping-Areal „Kämp Garden“, dessen Fokus auf dem bewussten Ein-
            kauf und der Entstehung einer Community beruht. Junge finnische Marken bekommen
            hier eine Plattform, um ihre Produkte – eine Mischung aus Mode, Beauty, Büchern und
            Interior – zu präsentieren. Futudesign und Lindroos Architects schaffen dafür das pas-
            sende Interieur, das den Namen „Garden“ in den Raum übersetzt. Materialien, die Par-
            allelen zu öffentlichen Gärten und Plätzen ziehen, kennzeichnen fließende Übergänge.
            Die individuellen Räume der einzelnen Brands lösen sich zu einem öffentlichen Raum
            auf. Innen und außen scheinen zu verschwimmen und repräsentieren gleichzeitig die
            Idee der Community. Ein Raster hilft, den Raum zu gliedern, und bildet die Grundlage
            für das Raumprogramm, das es erlaubt, Ladeneinheiten je nach Anforderung der Mie-
            ter flexibel zusammenzufassen oder zu trennen. Durch die speziell angefertigten Trenn-
            wände, die sich wie eine große Drehtür aufschwingen lassen, öffnen sich die Shops
            zur zentralen Piazza. Diese liegt unter einer großen Glaskuppel und macht  – ganz un-
            typisch für ein Shoppingcenter – die Tageszeiten im Innenraum für die Kunden erfahr-
            bar. So ist eine lichte Raumfolge entstanden, die mit einem kuratierten Angebot eine
            wohltuende Abwechslung zur überfüllten Einkaufsstraße bildet.

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