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VERKAUF UND PRÄSENTATION • RETAIL AND PRESENTATION
SUPERMARKT
IN ESSEN
Entwurf • Design Kinzel Architecture, Schermbeck
Inmitten des Ruhrpotts, blickt man in Essen auf eine lange Berg-
baugeschichte zurück. Eine der zahlreichen Zechenanlagen war
die Zeche Kronprinz, wo zwischen 1903 und 1961 Kohle gefördert
wurde. An der Stelle, wo einst der gleichnamige Schacht Kronprinz
Material und Bergarbeiter beförderte, steht seit August letzten Jah-
res der Edeka-Markt Hundrieser von Kinzel Architecture.
von • by Henriette Sofia Steuer, Stuttgart
S eit dem Abbruch der Industrieanlagen ist das 37 Hektar große Areal ein Wohn- und
Gewerbegebiet, dessen Zechenhistorie sich im neuen Supermarktgebäude wider-
spiegeln sollte. Um Bezüge zur Geschichte des Ortes herzustellen, suchten die Planer
nach Wegen, den Markt mit industriellem Charme aufzuladen. Die in der Vergangen-
heit rein zweckmäßig genutzten Materialien und Konstruktionsweisen historischer Ze-
chenanlagen fanden so Einzug in den Neubau. Für eine gute Orientierung wurden
diese in dem rund 2500 Quadratmeter großen Marktgebäude – bereichsweise und
auch auf Entfernung gut sichtbar – effektvoll eingesetzt: Im Foyer erwartet den Kunden
nun eine weitläufige Halle, die durch abgehängte, in schwarze Metallprofile gefasste
Gitter die Hauptbewegungsfläche vom eigentlichen Supermarkt und anderen Verkaufs-
flächen, wie der integrierten Bäckerei und dem Blumenladen, abtrennt. Einige der Git-
ter sind zusätzlich mit sattgrünen Pflanzen bestückt, die einen ansprechenden Rahmen
für die Obst- und Gemüseabteilung des Marktes bieten. Mit Kupferblechen und plaka-
tiven, weißen Grafiken belegte Flächen markieren hingegen die Tiefkühlabteilung und
verleihen dem Warensegment dabei eine harmonische und zugleich wertige Note;
während das Getränke- und Spirituosensortiment in einer geziegelten, eher nüchter-
nen Szenerie Platz findet. Freistehende Kühltheken grenzen sich davon als Themenin-
seln bestechend elegant mit Hochglanzfliesen und weißen Oberflächen ab. Als Herz-
stück agiert die im hinteren Marktbereich situierte Frischetheke. In Anlehnung an in-
dustrielle Hochöfen und alte Industrieschächte sind die Auslagen mit eindrucksvoll il-
luminierten Formelementen überbaut und die Scheiben zu den Warenvorbereitungs-
räumen transluzent in Orange ausgeführt. Mit einem roughem Industrie-Charme — wie
er vielerorts Anwendung findet — hat das alles nichts zu tun. Vielmehr entsteht der Ein-
druck einer Highend-Gestaltung, die dem Kunden das wohlig-gute Gefühl von trend-
bewusster Urbanität, Ordnung und Hygiene bietet. Für einen Lebensmittelhandel ist
diese Art der Interpretation des „Industriell Chic“ genau die richtige.
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