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Foto: Heike Albrecht Fotografie, Gremersdorf Hendrik Bohle Foto: Roman Huber/VFI, FO-Tórshavn
1974 geboren in Bielefeld 1998–2005 Architekturstudium an der TU Berlin und der BTU Cottbus 2003–2005 Lehrassistenz an der TU Ber-
lin 2005–2012 Projektarchitekt bei magma architecture in Berlin und London 2013 Manzara Architektur-Stipendium in Istanbul seit 2013
studio HBohle seit 2016 The Link – Plattform für Baukultur und Architekturvermittlung sowie Arbeit als Architekt, Kurator und Publizist
Foto: Hendrik Bohle, Berlin Foto: Visit Faroe Islands, FO-Tórshavn
Harmonisch in die Landschaft integriert: das Hotel Føroyar (1) • Harmoniously integrated into the landscape „Gold der Färöer“: Handgestricktes gibt es bei Guðrun & Guðrun (5). • Hand-knitted items at Guðrun & Guðrun (5)
D raußen-Sterbe-Wetter“ ist der einzige Grund für FäringerInnen, nicht vor die Tür zu zeitgenössischen Designs aus färöischer Wolle sind seit der dänischen Krimiserie „Lund“
auch über die Grenzen der Inseln hinaus bekannt. Guðrun Ludvig und Guðrun Rógvadót-
treten: Es könnte tödlich enden. Eben noch sommerlich warm, versperrt im nächs-
ten Moment eine Nebelwand die Sicht und macht jegliche Orientierung unmöglich. Ent- tir haben ein klassisches nordisches Naturprodukt, den Strickpulli, modernisiert – wobei
sprechend wetterfest sollte die Kleidung für ein Wochenende in der färöischen Kapitale die Wolle von freilaufenden färöischen Schafen stammt und die Pullover von färöischen,
sein. Mit knapp 14.000 EinwohnerInnen zählt Tórshavn zu den zehn kleinsten Hauptstäd- peruanischen und jordanischen Frauen von Hand gestrickt werden. Den beiden Designer-
ten der Welt. Was die Lebensqualität jedoch nicht schmälert. innen geht es um die nachhaltige Nutzung eines natürlichen Rohstoffs und darum, den
Die Nacht verbringen Sie am besten oberhalb der Stadt im Hotel Føroyar (1) (45 Oyggjar- Frauen mehr Kontrolle über ihre Arbeitsbedingungen zu geben. Das wiederum passt gut
vegur). Von hier aus haben Sie einen Panoramablick auf die Bucht von Tórshavn sowie zu Kommissarin Lund ...
die vorgelagerte Insel Nólsoy. Entworfen vom renommierten dänischen Architekturbüro r 13 Uhr — Zeit für eine Stärkung! Im Bitin (6) (12 Niels Finsens gøta) gibt es Fisch. Beson-
Friis & Moltke Architects, wurde es im Mai 1983 eröffnet und im Jahr 2000 um einen ders zu empfehlen sind die hauseigenen Smørrebrød-Kreationen. Wer möchte, kann sie
südlichen Flügel erweitert. Ziel der ArchitektInnen war es, ein zeitgenössisches Gebäude auch mit färöischem Trockenfisch garniert bestellen. Wer jedoch lieber hervorragende
zu konzipieren, das zugleich einen Bezug zur lokalen Bautradition herstellt. Eingebettet in japanische Ramen mag, nimmt einfach die nächste Tür im gleichen Haus: Das Suppu-
die Landschaft wirkt der mit Gras bedeckte Bau beinahe, als wäre er in den Fels gegra- garðurin (7) empfängt Sie in japanischem Streetfood-Flair.
ben. Nur die schmalen Glasbänder reflektieren das ständig changierende Licht. Auch im r 14 Uhr — Mit gut gefülltem Magen geht es nun entspannt weiter über die Jóannesar
Inneren herrscht ein permanentes Wechselspiel aus Licht und Schatten. Die meisten Zim- Paturssonar gøta und die reizende Tróndargøta zum Alten Hafen. An seinem westlichen
mer sind nach Tórshavn ausgerichtet. Und mit großer Wahrscheinlichkeit werden Sie am Ende liegen in einem alten Fabrikgebäude zwei färöische Institutionen: Bei Østrøm (8)
Morgen beim Genuss einer Tasse Kaffee auf den ausklappbaren Bänken vor den Zimmern (18 Skálatrøð) dreht sich alles um färöische Mode und Design – traditionell, zeitgenössisch
von Schafen begrüßt. Gefrühstückt wird vor einem atemberaubenden Stadtpanorama. und vor allem hochwertig. Dazu gesellen sich ein Arbeitsraum und ein Café, gelegent-
lich finden hier auch Vorträge und Ausstellungen statt. Letztere bietet das benachbarte
Samstag: Galerien, Genuss und gute Gesellschaft Steinprent (9) (16 Skálatrøð) in jedem Fall. Steinprent ist das färöische Wort für Stein-
lithografie – und genau das ist das Metier der vier GründerInnen Jan Andersson, Louise
r 10 Uhr — Vom Hotel aus führt ein schöner Naturpfad ins Stadtzentrum. Bevor Sie in die Aakerman-Nielsen, Mikkjal Matras Andersson und Fríða Matras Brekku. Hochspezialisiert
zentrale Fußgängerzone Niels Finsens gøta (2) gelangen, lohnt sich ein Abstecher in die auf diese alte und faszinierende Technik, kommen KünstlerInnen aus den nordischen
Gallarí Havnará (3) (3 Havnará) südlich des Stadtparks. In dem schlichten Holzkubus Ländern und ganz Europa in ihre Werkstatt, um mit dieser Kunstform zu arbeiten, zu
mit großformatigen Glasöffnungen kuratiert das Ehepaar Bogi und Jóhanna Andreasen experimentieren und in der angeschlossenen Galerie auszustellen. Anschließend führt
wechselnde Ausstellungen zu moderner nordischer Kunst. Sie der Weg weiter entlang des alten Hafenbeckens zur Westbucht (Vestaravág) (10), in
r 11 Uhr — Wenige Meter weiter wirkt die Keramikkünstlerin Guðrið Poulsen (4). Ihr der heute Segelboote und Jachten vor idyllischer Kulisse schunkeln – ideal für eine kurze
Atelier und Laden (19 Sjúrðargøta) sind nur gelegentlich geöffnet. Am besten achten Sie Kaffeepause in einem der vielen Cafés an der Hafenkante.
auf ein „åben“-Schild oder klingeln einfach – Guðrið freut sich über Besuch. Ihr Haupt- r 16 Uhr — Weiter geht’s nach Tinganes (11), dem ältesten Teil der Hauptstadt, in dem
medium ist Ton, und ihre Werke reichen von Gebrauchsgegenständen bis hin zu Arbeiten die ersten Thing-Versammlungen stattfanden. Seit der Wikingerzeit befindet sich auf der
im öffentlichen Raum. In der Niels Finsens gøta reihen sich die Geschäfte dann dicht an felsigen Landzunge das Machtzentrum der Färöer, und bis heute werden hier einige der
dicht, und Sie bekommen hier alles von Mode bis Musik. Direkt hinter der Touristeninfor- markant roten Häuser mit ihren begrünten Dächern, die im 16. und 17. Jahrhundert ent-
mation erstrahlt ein weißes Holzhaus mit großen Öffnungen. Hier befinden sich die Krea- standen sind, als Arbeitsstätte der färöischen Regierung genutzt. Am Fahnenmast mit der
tivwerkstatt und der Flagship-Store von Guðrun & Guðrun (5) (13 Niels Finsens gøta). Ihre färöischen Flagge, die ein blau-rotes Kreuz auf weißem Untergrund zeigt, ist das Büro des
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