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Gio (Giovanni) Ponti
1891 in Mailand geboren ab 1913 Architekturstudium Polytechnikum 1921 Diplom 1923-30 Künstlerischer Leiter Ri-
chard Ginori 1926 Casa Ponti in Mailand 1927-33 Architekturbüro mit Emilio Lancia 1928 Gründung Architekturzeit-
Foto: Archiv schrift Domus 1936-61 Professur Polytechnikum 1956-58 Pirelli-Hochhaus mit Luigi Nervi 1979 gestorben in Mailand
Restaurierung der Moderne: Alle Oberflächen wurden einer Auffrischung unterzogen. • Restoration of modernism: All the surfaces are renewed.
von • by Petra Stephan
A ls wir das Hotel betraten, hatten wir bereits den Flug Reisende aus der ganzen Welt trafen. Für den Cousin Zar
Nikolaus II war daneben ein Feriendomizil im englisch-go-
nach Italien, ein architektonisches Sightseeing-Pro-
gramm in Neapel, den Transfer nach Sorrent und eine tischen Stil geplant, doch zur Fertigstellung sollte es nach
abenteuerliche Fahrt mit der Vespa entlang der Amalfikü- der Oktober-Revolution 1918 nicht mehr kommen. 1959 er-
ste mit Zwischenstopp in Positano hinter uns (siehe S. 4). kannte der neapolitanische Unternehmer und Ingenieur
Müde schleppten wir unsere Koffer durch den dichten, Roberto Fernandes das Potenzial der Liegenschaft 70
weitläufigen Park und erreichten den Hoteleingang. Die Meter über dem Meer. Bewusst wollte er die außerge-
Tür öffnete sich, und alle waren wieder hellwach: Unsere wöhnliche Topografie und die umgebende Parklandschaft
Blicke fielen durch eine großzügige Halle, vorbei an blau- mit den verbliebenen Architekturtrouvaillen einem breite-
weißen Fliesen unterschiedlichster Formate und Muster, ren Publikum zugänglich machen. Ein Glück, dass er mit
über blau bezogene Polstermöbel und durch die gegen- der anspruchsvollen Aufgabe, die bestehende Bauruine
überliegende Verglasung wieder nach draußen auf das mit einem zeitgemäßen Hotelneubau in die Gegenwart zu
glitzernde Meer – eine einzige Verheißung in Blau! Wir überführen, den Altmeister der italienischen Architektur-
waren im Parco dei Principi, im Park der Prinzen, ange- moderne Gio Ponti beauftragte. Vom Bestand sollte Ponti
kommen, auf einer Zeitreise zurück in die 1960er-Jahre! lediglich die Fundamente im Felsen und Bezüge zur Kuba-
tur übernehmen, ansonsten hatte er für sein Kunstwerk
Vom Zaren-Sommersitz zum Design-Hotel freie Hand. Doch in welchem Stil würde er weiterbauen?
Auf dem 27.000 Quadratmeter großen Gelände, das das Gio Ponti – das Ausnahmetalent
Hotel umgibt, haben in den letzten drei Jahrhunderten die
jeweiligen Besitzer ihre Spuren hinterlassen. Jesuitenbrü- Der damals 70-jährige Ponti hatte in seiner 40-jährigen Ar-
der legten einen großen botanischen Garten an, und der chitekturkarriere sowohl unter dem Einfluss des Mailän-
Graf von Syracuse, Bruder des neapolitanischen Königs, der Neoklassizismus als auch des italienischen Raziona-
baute sich 1792 eine Villa im bourbonischen Stil, die zum lismo entworfen und gebaut, war in den 1920er-Jahren
Treffpunkt der neapolitanischen Aristokratie avancierte. künstlerischer Leiter der Porzellanmanufaktur Richard Gi-
Die russische Adelsfamilie Gortschakow fand 1882 Gefal- nori, hatte 1928 die Architekturzeitschrift Domus gegrün-
len an der Destination direkt am steilen Tuffstein-Kliff, det und von 1936 bis 1961 am Mailänder Polytechnikum
baute die Villa Syracuse in die europäisch-orientalisch an- eine Professur für Innenraumgestaltung inne. In der Nach-
mutende Villa Gortschakow um, in der sich fortan adelige kriegszeit gab Gio Ponti dem italienischen Design einen