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SERIEN EIN WOCHENENDE IN ... • WEEKEND IN ...
1982 wurde das von Oscar Niemeyer (1907-2012) entworfene Kulturzentrum im Herzen von Le Havre fertiggstellt. Auf einem abgesenkten Plateau stehen zwei „Vulkane“. Sie nehmen eine Bibliothek (3) und ein Theater (4) auf.
Das Theaterrestaurant La Colombe (5) im Tiefhof des Niemeyer-Kulturzentrums ist eine waschechte Hipsterbar. Im Maison Du Patrimoine – Atelier Perret (6) kann eine voll-ausgestattete Perret-Wohnung besichtigt werden.
ist das Hundezimmer im Obergeschoss! Im Sommer empfiehlt sich allerdings ein Tisch und -restaurants ihre Türen. Zudem erfreuen die vielen unterschiedlichen Formen der
im romantischen Garten. Wer es aufgeräumter und moderner mag, geht am besten ins am Wegesrand aufgereihten Strandhütten das Auge des Architekten.
Jean-Luc Tartarin (8). Wer danach noch einen Drink will, wird auf jeden Fall an der r 14.00 Uhr – Den Nachmittag verbringen wir in den alten Hafenanlagen im Osten der
Place Niemeyer, wie die Place Gambetta heute heißt, fündig! Zur Nacht empfehlen sich Stadt. Seit knapp 15 Jahren werden die frei werdenden Industrie-Areale Stück für Stück
drei Herbergen im Zentrum: das Ibis Styles (9) in der Rue de Paris, das Oscar (10) an für neue Nutzungen erschlossen. Der bekannteste Bau, der hier in den letzten Jahren
der Place Niemeyer und das Vent d'Ouest (11) direkt neben der Kirche St. Joseph. Das entstand, ist das Les Bains des Docks (16) von Jean Nouvel. Der Pariser Stararchitekt
Ibis Styles überzeugt mit seiner originalen und für Le Havre überaus passenden Fifties- schenkte Le Havre 2008 ein modernes Freizeit- und Spaßbad, das an eine riesige, drei-
Einrichtung. Das Oscar wiederum richtet sich als Hostel vor allem an ein junges Publi- dimensionale Tetris-Landschaft erinnert, zusammengesetzt aus raumgroßen, weißen
kum, während das Vent d´Ouest samt Spa eher eine gesetztere Klientel anspricht. Kuben. Dass die Qualität der Ausführung deutlich hinter der des Entwurfs zurückblieb
und sich Teile des Gebäudes mittlerweile in einem bedauernswerten Zustand befinden,
Sonntag: Hafen und Strand, Märkte und Gärten ist eine Tragödie! Vergleichsweise gut gealtert ist hingegen das benachbarte, vom Pariser
Architekturbüro Reichen & Robert entworfene Einkaufs- und Freizeitzentrum Docks
r 10.00 Uhr – Der erste Weg führt zum Frühstück in die Markthalle (12). Sie wurde Ende Vauban (17). 2009 eröffnet, verbindet der Komplex mehrere historische Speicherhallen
der 1950er-Jahre von den Perretschülern André Le Donné, Charles Fabre und Jean Le Sou- zu einem räumlich interessanten und formal vielfältigen Ensemble aus Alt und Neu.
dier erbaut und besticht durch ihr aus zwei sich überkreuzenden Betontonnen geformtes Auch der Jardin Winston Churchill (18), nur wenige Hundert Meter vom Docks Vauban
Schalendach. Am Sonntag verwandelt sich das ganze Umfeld in einen riesigen, bunten entfernt, demonstriert einen zeitgemäßen Umgang mit dem industriellen Erbe der Stadt.
Lebensmittelmarkt. Frisch gestärkt geht es danach zur Capitainerie (13) am Yachthafen. In den „Ruinen“ einer ausgedienten Industriehalle entstand nach den Plänen des Land-
Hier starten mehrmals täglich Bootsrundfahrten durch den beeindruckenden Industrie- schaftsarchitekten Jean-Marc L’Anton ein formaler Garten, der seit seiner Eröffnung 2018
hafen im Hinterland der Stadt. Empfehlenswert sind die Touren auch, weil man die Stadt als neues Stadtentree entlang der Haupteinfallstraße gefeiert wird.
so von ihrer Wasserseite kennenlernt. Vom Schiff aus ist auch das MuMa Musée d'Art r 18.00 Uhr – Der Weg zurück in die Stadt führt über den Fischmarkt (19). Der drei -
Moderne André Malraux (14) gut zu sehen! Es entstand zu Beginn der 1960er-Jahre. Die eckige Platz ist von offenen Verkaufsständen umgeben, die von einem sanft gewellten
Architekten waren die Perretschüler Guy Lagneau und Michel Weill sowie Jean Dimitri- Betondach zusammengefasst werden. Die Markthallen-Architekten Charles Fabre und
jevic. Jean Prouvé war als beratender Ingenieur beteiligt. Im Kontrast zur Perret’schen Jean Le Soudier waren 1952 für den Entwurf verantwortlich. Die letzte Station unserer
Stadt aus Beton entstand das Museum als leichte und transparente, zweigeschossige Tour erreichen wir dann mit dem Funiculaire, der historischen Standseilbahn. Sie führt
Stahl-Glas-Box mit einem schwebenden Lamellendach darüber, um den Lichteinfall zu hinauf zu den Les Jardins Suspendus (20), den „Hängenden Gärten“. Dahinter verbirgt
regulieren. Im Inneren beherbergt das Haus eine bedeutende Samm lung impressionisti- sich der in einer alten Festungsanlage oberhalb von Le Havre angelegte botanische
scher Landschaftsbilder. Nach dem Museumsbesuch tut ein Spaziergang am Strand gut! Garten. Von den Festungsmauern hat man einen herrlichen Blick auf den Hafen und
Entlang der Promenade des Régates (15) öffnen im Sommer zahllose kleine Strandcafés das Meer. Es ist der ideale Ort, um der Stadt leise „Auf Wiedersehen!“ zu sagen.
036 • AIT 10.2019