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SERIEN  EIN WOCHENENDE IN ...  •  WEEKEND IN ...





















           Foto: Staatliche Museen zu Berlin







           Ein Muss: James Simon Galerie (4) ebenfalls von David Chipperfield • A Must: also from David Chipperfield























           Foto: Stefan Meyer                                                                                                        Foto: Marianne Hoppmann



           Juwel der Moderne: Mies van der Rohe-Haus (6) von 1932 • Jewel of Modernism from 1932  Ambiente und Qualität des Essens stimmen: Restaurant Ei-12437-B (12) • Ambience and quality of the food are right




           durch den Tiergarten lassen wir die Eindrücke sacken, bis zu unserem nächsten Ziel, der   Backsteinensemble mit Skulpturengarten unter märkischen Kiefern, erbaut in den spä-
           Neuen Nationalgalerie (16). Für den 1969 eröffneten Museumbau engagierte Berlin Mies   ten 1920er-Jahren. Im Atelier gibt es wechselnde Kunstausstellungen, im Wohnhaus
           van der Rohe per Direktauftrag, als Wiedergutmachung. Zum Dank bekam die Stadt ein   wartet das Café Benjamine mit Kaffee und Kuchen. Danach müssen wir uns entschei-
           einzigartiges Ausstellungshaus, das nach der Sanierung durch David Chipperfield Archi-  den: Ein weiterer NS-Monumentalbau? Dann auf zum weitläufigen Olympiagelände
           tekten schöner denn je strahlt – und das mit einem vielfältigen Programm lebendiger  mit dem Olympiastadion (20). Hier inszenierte sich Deutschland 1936 vor internati-
           Treffpunkt der Kunst- und Kulturszene ist. Direkt nebenan wächst gerade der Rohbau des   onalem Publikum, während die Kriegsvorbereitungen längst liefen. Wer lieber noch
           umstrittenen Museums Berlin Modern (Herzog de Meuron Architekten) aus der Baugrube.  eine Ikone der Nachkriegsarchitektur sehen möchte, geht zum nahegelegenen Corbu-
           r 12 Uhr – Mittagszeit, Frühstückszeit – jedenfalls in Berlin, wo die Menschen gerne spät   sierhaus (21). Le Corbusier hatte die Berliner Version seiner Unité d’Habitation für die
           ins Bett gehen und entsprechend spät frühstücken. Wir stärken uns im Café Frühstück   Internationale Bauausstellung 1957 geplant, später aber wegen Abweichungen vom
           3000 (17) in Schöneberg, wo jeden Tag von 9 bis 16 Uhr Eggs Benedict Kaviar, Rinder-   ursprünglichen Entwurf aus dem Werksverzeichnis gestrichen. Begehrt sind die 530
           tartar Asiastyle oder vegane Burritos serviert werden. Auch die nächste Station ist zeit-  Wohnungen auf 17 Etagen trotzdem.
           genössisches Berliner Lebensgefühl: das Gelände des ehemaligen Flughafens Tem-  r 18 Uhr – Zum Abschluss fahren wir hoch zur Aussichtsplattform des Funkturms (22).
           pelhof (18). Auf der riesigen Freifläche üben Skater und Kitesurfer Kunststückchen,   Zu Mauerzeiten begrüßte der 1926 errichtete Stahlfachwerkbau die über die Transitstre-
           Familien treffen auf Party People, ein Containerdorf für Geflüchtete gibt es auch. Es wird   cke heimkehrenden Westberliner, heute verschafft er uns ein spektakuläres Abschieds-
           gegrillt, gegärtnert, gekickt und geflirtet. Bei starkem Wind und praller Sommersonne   panorama der Stadt. Unbedingt auch nach unten schauen, auf das Internationale
           allerdings ist die fast baumlose Weite unwirtlich. Dann lieber die neue Aussichtsplatt-  Congress Centrum ICC (23) von den Architekten Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Wit-
           form (:mlzd Architekten, 2023) am südwestlichen Ende des in der Nazizeit errichteten   te (1979), eines der großen Fragezeichen Berlins. Denn der 313 Meter lange Koloss
           Flughafengebäudes besuchen. Der Rundblick vom Dach offenbart die wahren Ausmaße  aus Beton und Aluminium ist seit Jahren stillgelegt, wegen maroder Haustechnik und
           des Airports, den Norman Foster einmal „die Mutter aller Flughäfen“ nannte.  Asbest wird eine Sanierung sehr teuer. Der Abriss ist dank Denkmalschutz vom Tisch,
           r 16 Uhr – Nach so viel Monumentalität jetzt ein Kleinod: das Georg-Kolbe-Museum   aber wie es mit diesem grandiosen Relikt aus zukunftsgläubigeren Zeiten weitergeht?
           (19) in Westend. Ateliergebäude und Wohnhaus des Bildhauers bilden ein malerisches   Das weiß noch keiner.

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