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Tapio Snellman
1969 geboren in Helsinki als Sohn finnisch-schweizerischer Eltern 1990-1994 Architekturstudium an der Universität Stuttgart 1997 Diplom an der University of North London und Master of Architecture in Urbanism an der
Universität Stuttgart nach dem Studium tätig als Architekt 1998 Toyo Ito Architects in Tokio, Japan 1999-2011 Direktor des multidisziplinären Designstudios Neutral in London, gemeinsam mit Christian Grou seit 2011 frei
schaffender, internationaler Filmemacher und Künstler mit Basis in London Kontakt www.tapiosnellman.com
Standbild aus dem im Auftrag der Stadt Seoul gedrehten Film über die zweitgrößte Megalopolis der Welt Standbild aus dem in und um Chicago gedrehten Musikvideo „Have you Heard“ von Mikkokoo
Multimedia-Agentur Neutral in London zu gründen. Unsere erste Kundin war Zaha r Ihr Arbeitsspektrum als Filmemacher ist sehr breit gefächert. Es umfasst ganz
Hadid, die bis dahin noch keine Animationen in Auftrag gegeben hatte und sich sehr unterschiedliche Genres. Erzählen Sie uns davon?
für die konzeptionellen Möglichkeiten dieser Darstellungsweise interessierte. Vor einigen Jahren habe ich im Auftrag der Firma Boysen in Manila ein 600 Meter
langes Wandgemälde, das „Project Edsa: Cubao Incision“, entworfen. Obwohl dieses
r Warum Film und nicht Fotografie? Was reizt Sie an den bewegten Bildern im Projekt radikal vom Filmemachen abwich, konnte ich mich dadurch auf eine ganz neue
Gegensatz um statischen Foto? Weise mit der Stadt auseinandersetzen. Dies war auch der Fall, als ich als Teil von
Die vierte Dimension der Zeit war von Anfang an ein zentrales Thema, mit dem ich mich Sasha Waltz’ ortsspezifischem Tanzwerk „Dialoge 2013“ Videoinstalla tionen in Kalkutta
beschäftigen wollte. Deswegen war es für mich selbstverständlich, mich über bewegte schaffen durfte, die teilweise das Straßenbild temporär beeinflussten. Das Prozess hafte
Bilder auszudrücken. Der Zeitraum, in dem Architektur gebaut, be- und erlebt wird, und im Theater, wenn mehrere Komponenten – Text, Schauspieler, Kostüm, Bühnen bild,
die Art und Weise, wie sich ein Gebäude im Laufe der Zeit verändert, ist für mich span- Beleuchtung, Sound, Projektion – live ein Gesamterlebnis ergeben, ist gesell schaftlich
nender als das visuelle Abbild an sich. Fotografie in Form eines Standbilds in Filmen ist wunderbar für jemanden, der wie ich viel alleine arbeitet. Bisher habe ich für sechs
für mich jedoch immer ein wichtiges Mittel, um mein Filmmaterial zu beurteilen. Theaterstücke und Opern Projektionen und virtuelle Bühnenbilder erzeugt.
r Ihre Filme zur Ausstellung über die brasilianische Architektin Lina Bo Bardi wur- r Für die britische Architekturzeitschrift The Architectural Review dokumentierten
den in zahlreichen europäischen Kulturmetropolen gezeigt. Damit rückte die in Sie das Fayland House von David Chipper field. Wie sehr befassen Sie sich mit einem
Vergessenheit geratene Architektin der brasilianischen Moderne wieder ins Gebäude, bevor Sie anfangen zu drehen?
Bewusstsein der Öffentlichkeit. Was bedeutete diese Dokumentation für Sie? Bei filmischen Aufträgen bereite ich mich oft ganz bewusst nicht vor. Idealerweise bin
Die Ausstellung hieß „Lina Bo Bardi: Together“. In der Aufgabenstellung ging es darum, ich von der Architektur überrascht und inspiriert und kann mich von meiner Kamera,
Bo Bardis Architektur als Hintergrund für menschliches Miteinander zu dokumentieren. meiner Intuition und Erfahrung leiten lassen. Ich finde es besonders schwierig, wenn
Ich fand es faszinierend, ihrem Weg zu folgen, da sie sich mit sehr viel mehr als dem der Architekt oder Bauherr darauf besteht, mich durch sein Gebäude zu führen. Und ich
Bauen auseinandergesetzt hatte. Ich war zuvor noch nie in Brasilien gewesen und kann - mag es nicht, wenn Kamerapositionen vorgegeben werden.
te Bo Bardis Arbeit nur flüchtig. Bevor ich in São Paulo ankam, bestand meine
Hauptsorge darin, dass ich vielleicht keinen persönlichen Bezug zu ihrer Welt finden r 1999 gründeten Sie mit Christian Grou das Design Studio Neutral. 12 Jahre lang
würde. Schließlich war meine Zeit dort aber erfolg reich, und auch Herausforderungen, betrieben Sie zusammen dieses multidisziplinäre Studio, bevor Sie selbstständiger
die sich mir stellten, hatten einen positiven Einfluss auf die Arbeit. Filmemacher wurden. Welches Arbeitsspektrum deckte Neutral ab?
Das Problem und die Stärke von Neutral waren, dass wir alle möglichen audiovisuellen
r Sie arbeiten als Filmemacher an Dokumentationen über einzelne Bauwerke und Arbeitsspektren abgedeckt haben – vom Komponieren von Soundtracks bis zu kom-
über Megacities. Wie ein Architekt arbeiten Sie also in ganz unterschiedlichen merziellen 3-D- und 2-D-Animationen, Film und Interaktivem Design. Unser Team
Maßstäben. Worin liegt der jeweilige Reiz für Sie? umfasste zeitgleich Mitarbeiter aus zehn verschiedenen Ländern. Unsere Kunden waren
Der Reiz liegt genau im ständigen Wechsel zwischen unterschiedlichsten Aufträgen, weltweit verstreut. Schließlich war es mir aber wichtiger, mich auf meine persönliche
sodass man immer wieder herausgefordert wird und nie in eine sich wiederholende Kreativität zu konzentrieren als eine Firma mitzuleiten. Deswegen stieg ich 2012 aus.
Routine verfällt. Beispielsweise habe ich im Auftrag der Stadtverwaltung von Seoul Jahrelang habe ich mit Neutral zukünftige Bauvisionen von Architekten, wie Zaha Hadid,
einen Film über die zur Zeit zweitgrößte Megalopolis der Welt erstellt und fast zeitgleich Herzog & de Meuron, OMA und David Adjaye filmisch durch 3-D-Animationen erforscht.
einen Film über ein kleines Privathaus in einer offenen Landschaft, das Flint House von Doch die technische Entwicklung – hin zum absoluten Fotorealismus – sowie die
Skene Catling de la Peña in Buckinghamshire, gedreht. Mich fasziniert der Zusammen - Erwartungshaltung der Zuschauer und Klienten, haben für mich den kreativen und
hang von Micro und Macro, mich fasziniert Kleinteiligkeit, die etwas Riesiges ergibt. konzeptionellen Genuss weitgehend verdorben. Auch die Vorstel lungs kraft und das
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