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Eva Maria Thümling                       Projektbeteiligte


                                     1996 in Aachen geboren 2014–2016 Studium der Volkswirtschaftslehre  Leitung S. Pallischeck Begleitung H. Kuretitsch, M. Waleczek, A. Kaltwasser Studierende S. Becker, R. Becker,
                                     an der Universität zu Köln seit 2016 Architekturstudium an der Techni-  J. Heitkämper, A. Jansen-Winkeln, N. Juncker, K. Kassner, M. Lülsdorf, V. Noack, N. Pronost, C. Tempelaars,
                                     schen Hochschule Köln                    E. Thümling, J. Wagner, P. Schog Förderer Stiftung für Kunst und Baukultur – Britta und Ulrich Findeisen




                W     enn es darum geht, einen Entwurf in einem entfernten Land zu realisieren, gilt
                      es, im Voraus einiges zu beachten. Gerade wenn man dieses Land zuvor selbst
                noch nicht bereist hat, muss man abschätzen, mit welchen Schwierigkeiten und Po-
                tenzialen man sich gegebenenfalls konfrontiert sieht und wie denkbare Lösungswege
                aussehen und umgesetzt werden könnten. Alternative Bau- und Konstruktionsmetho-
                den sowie möglicherweise ungewöhnliche und uns unbekannte Materialien fordern
                vorab eine intensive Recherchearbeit und eine detaillierte Ausführungsplanung. Genau
                diese Thematik bildete die Grundlage für das Wahlmodul „Sondergebiete der Bauor-
                ganisation - learn.create.spread“. 22 Studierende der TH Köln befassten sich im Som-
                mersemester 2018 in dem genannten  Zusammenhang mit der architektonischen
                Gestal tung eines vielseitig nutzbaren Außenraumes im Omomas Care Center in Nami-
                bia. Nach der ersten Infoveranstaltung im Frühjahr 2018 war schnell klar: Die unkon-
                ventionellen As pekte und Möglichkeiten im Bereich der praxisnahen Entwurfs- und
                Konstruktionsentwicklung dieses Wahlmoduls boten uns eine willkommene und ab-
                wechslungsreiche Ergänzung zu den übrigen Pflichtmodulen, die es innerhalb des Ba-
                chelor-Studiengangs Architektur an der TH Köln zu bearbeiten gilt. Auf diese Weise
                wurde unser Interesse gleich zu Beginn dieser Projektarbeit geweckt und wir warteten
                gespannt auf das erste Treffen in der Arbeitsgruppe.          Stampfbeton wird für die Plateaus gemischt. • Tamped concrete is mixed for the plateaus.

                Aus der Arbeit in Kleingruppen entstehen erste Vorentwürfe    Die C-Profile erhalten vor Ort ihre Endlackierung. • C-profiles are given a final coating on site.

                Bevor wir uns konkret mit den Rahmenbedingungen des Baugrundstücks auseinander-
                setzten, galt es, sich mit dem Land selbst und seiner (Bau-)Kultur vertraut zu machen.
                Die klimatischen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Verhältnisse vor Ort sind für
                den Entwurf ebenso prägend wie die Geschichte und Kultur des Gastlandes. In Form
                von Kleingruppen erarbeiteten wir zunächst die wichtigsten Informationen, um an-
                schließend tiefer in die Analyse der traditionellen Baumethoden von Namibia einzu-
                steigen. Dabei setzten wir uns mit den für das Bauvorhaben relevanten Fragestellungen
                auseinander. Welche Materialien stehen uns zur Verfügung? Wie können wir diese
                nachhaltig einsetzen? Und welche neuen Ansätze können wir liefern? Es entstand ein
                interessanter Diskurs. Die daraus resultierenden Vor- und Nachteile der verschiedenen
                Methoden und Materialien wurden als Grundlage für die darauf aufbauenden Vorent-
                würfe festgehalten. Diese wurden anschließend in der gesamten Gruppe erneut einge-
                hend diskutiert, analysiert und bildeten wiederum die Basis für den später vor Ort von
                13 Studierenden zu realisierenden Gemeinschaftsentwurf.

                Das Omomas Care Center und die Gestaltung des Außenraumes

                Rund 200 Kilometer südlich von Windhoek befindet sich das Waisenhaus Omomas  Stein auf Stein – Hand in Hand entsteht das Mauerwerk. • Stone on stone: laying bricks hand in hand.
                Care Center (OCC), das seit über zehn Jahren vielen bedürftigen Kindern unter dem
                Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ ein Zuhause sowie einen Zugang zu Bildung bietet. Das
                Ziel dieser Einrichtung ist es, neben der Schulbildung auch allgemeine Umgangsfor-
                men, das Sozialverhalten, gute Hygiene, gesunde Ernährung sowie Sport, Spiel und
                Spaß zu fördern. Da die Gesamtanzahl der aufzunehmenden Waisenkinder im Center
                von 90 auf 110 angestiegen ist, wurde ein weiterer Mädchenschlafsaal dringend be-
                nötigt. Dieser Neubau befindet sich unmittelbar neben dem bestehenden Mädchen-
                schlafsaal und wird rückseitig über die ebenfalls neue Lehrerunterkunft mit ebendie-
                sem verbunden. Den dadurch zwischen den Gebäuden neu entstandenen Außenraum
                galt es nun, sinnvoll und nutzbringend zu gestalten. Dies war eine herausfordernde
                Aufgabe, mit der wir Studierenden uns konfrontiert sahen. Unser schlussendlich aus-
                gewählter und ausgearbeiteter Entwurf verbindet die beiden Gebäude durch ein in-
                dividuelles Schattendach und eine Wand aus Lochmauerwerk. Beide Elemente bezie-
                hen den für den Außenraum prägenden Bestandsbaum ein, ohne ihn in seiner natür-
                lichen Form einzuschränken. Die Primärkonstruktion besteht aus sieben biegesteifen
                Stahlrahmen, welche in oberirdischen Fundamenten verankert sind. Letztere sind auf-


                                                                                                                             AIT 7/8.2019  •  053
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