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Leon Thormann
2015-2019 Bachelor in Architektur und Stadtplanung, Universität Stuttgart
2018 Auslandssemester, University College Dublin seit 2019 Masterstu-
dium an der Technischen Universität Delft und Mitglied des SUM-Teams
von • by Leon Thormann
D ie Niederlande haben große Ambitionen in Sachen Nachhaltigkeit. Bis ins Jahr
2050 hat sich die niederländische Regierung zum Ziel gesetzt, eine CO -freie ge-
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baute Umwelt im Land zu schaffen. Darüber hinaus sollen bis 2030 eine Million zu-
sätzliche Wohnungen errichtet werden. Bisher gibt e s rund 847.000 Mietwohnungen in
den Niederlanden, die den aktuellen Standards in Bezug auf Energie und Komfort nicht
entsprechen. Mit einem Team aus Studierenden der Technischen Universität Delft – ge-
nannt „Symbiotic Urban Movement“, kurz SUM – möchten wir Teil dieses Wandels
sein. In einer Fallstudie, die sich auf eine nachhaltige Gebäudetypologie konzentriert,
wählten wir das Viertel De Dreef in Den Haag als beispielhaften Standort. Seit etwas
mehr als einem Jahr arbeiten wir – 44 Studierende des SUM-Teams, die aus 16 ver-
schiedenen Nationen stammen und an vier verschiedenen Fakultäten der TU Delft stu-
dieren – an der Entwicklung eines lösungsorientierten Entwurfs für den veralteten
Wohnungsbestand. Am 10. Dezember 2020 präsentierten wir schließlich in einer On-
line-Veranstaltung unseren innovativen und nachhaltigen Plan, der alle 847.000 Miet-
wohnungen in den Niederlanden einschließt. Vorgestellt haben wir neben der Vision
des Symbiotic Urban Movement auch einzelne Entwurfsansätze.
SUM geht beim Solar Decathlon Europe 21 an den Start
In Wuppertal wird im Juni 2022 der internationale Wettbewerb Solar Decathlon
Europe (SDE21) stattfinden. Der SDE21 ist ein Hochschulwettbewerb für urbanes
Bauen und Leben und setzt innovative Ideen für nachhaltige Architektur in die Praxis
um. Greifbare Lösungen für die technischen, architektonischen und sozialen Pro-
blemstellungen unserer Städte sind seine Zielsetzung. Hierfür haben wir als SUM-
Team unser Projekt eingereicht. Die Bezeichnung „Symbiotic Urban Movement“ ba-
siert auf der Vision der Symbiose zwischen Mensch und Natur. Diese sollen einander
näher kommen und in einer Beziehung leben, die für beide Seiten von Vorteil ist.
Diese Grundlage spiegelt sich im gesamten Entwurf wider, den wir für die bestehen-
den Mietwohnungen erstellt haben. Neben dem Konzept auf Papier wird beim Wett-
bewerb auch ein voll funktionsfähiger Prototyp vorgestellt. Als Teil des internationa-
len Movements sind wir verantwortlich für den architektonischen Entwurf sowohl Parkplätze und Autos sollen Grünflächen weichen. • Parking spaces and cars will give way to green spaces.
der neuen als auch der alten Gebäudeteile. Wir befassen uns mit der Gestaltung von
Form, Ausdruck und Komposition der Baukörper.
Durch Aufstockung wird mehr Wohnraum geschaffen. • More living space is created by adding storeys.
Der Fokus des Entwurfs liegt auf Modernisierung und Energieeffizienz
Im ersten Schritt des Entwurfsprozesses werden die Fassade sowie die bestehende
Erschließung erneuert. Dies führt dazu, dass die bereits vorhandenen Wohnungen
größer, moderner und energieeffizienter werden. Im nächsten Schritt wird der Be-
stand um plus-energetische Ebenen in modularer Bauweise aufgestockt und somit
zusätzlich nutzbarer Wohnraum geschaffen. Ziel jedes einzelnen Schrittes im Prozess
ist es, für den gesamten Gebäudekomplex eine neutrale Energiebilanz zu erreichen.
Zudem soll der Entwurf ein gestalterischer Leitfaden sein, der möglichst universell
auf alle Mietwohnungen in den gesamten Niederlanden übertragen werden kann.
Für den bestehenden Gebäudeteil ist zudem eine Umrüstung zu nachhaltigeren
Dämm- und Heizmaßnahmen vorgesehen. Verbaut sind im Bestand ein Warmwas-
serheizsystem und eine Dämmung, die zu großen Wärmeeinbußen führen. Durch
das Einsetzen von wärmeisolierten Paneelen sowie durch den Austausch aller alten
Fenster soll der Verlust an Wärme in einem ersten Schritt verringert werden. Die be-
stehende Warmwasserheizanlage mit Radiatoren wird im zweiten Schritt aufgewertet
und in den aufgestockten Ebenen durch eine Fußbodenheizung ergänzt. Der dritte
Schritt der energetischen Aufarbeitung des Gebäudes liegt darin, selbst erneuerbare
Energien zu erzeugen. Das soll über auf dem Dach verbaute Photovoltaik-Paneele ge-
schehen. In unserem SUM-Konzept sind jedoch neben der Energieeffizienz auch so-
ziale Komponenten berücksichtigt worden. Jeweils im Erdgeschoss der einzelnen Ge-
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