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Johannes Krohne                          Bernhard Kurz


                1980 geboren 2000–2006 Architekturstudium, München 2006–2012 Freie  1980  geboren  1999–2006  Architekturstudium, Münc hen  2006–2012
                Mitar beit bei de+ architekten, Berlin, roedig.schop architekten, Berlin, und  Mit ar beit und F reie Mitar  beit  weberwürschinger  architekten, Berlin
                Wiewiorra Hopp Architekten, Berlin 2012 Gründung IFUB*, München/Berlin  2012 Gründung IFUB*, München/Berlin





































                Die Gestaltung des Einbaus nimmt das Motiv der Kappendecke auf. • The design of the installation takes up the motif of the vaulted ceiling.


                I  m Jahr 2007 saßen vier Freunde aus Bayern in Berlin zusammen und beschlossen, ihren notorischen Mangel an
                  Mitspielern beim in Bayern beliebten Kartenspiel Schafkopf durch eine selbst er stellte Webseite zu beseitigen.
                Sieben Jahre später war aus der fixen Idee ein großer Erfolg geworden und für das auf 14 Mitarbeiter angewachsene
                Team der Sauspiel GmbH mussten neue Räumlichkeiten her. Fündig wurden die Bauherren in dem Kreuzberg am
                nächsten liegenden Teil Neuköllns, im Volksmund auch „Kreuzkölln“ genannt. Ein besonders schönes Beispiel his-
                torischer Industriearchitektur – die alte Schokoladenfabrik – wurde dort in  Teilen zum Kauf angeboten und man
                konnte sich einen Teil des Hochparterres als zukünftiges neues Büro sichern. Offene Arbeitsstrukturen und eine fla-
                che Hierarchie waren mit dem Wunsch nach viel Stauraum und einer separat nutzbaren Wohnung für Gäste unter
                einen Hut zu bringen. Weiterhin mussten fehlende sanitäre Anlagen und eine Teeküche ergänzt und insbesondere
                auch die tec hnische Anbindung der Arbeitsplätze in einem of fenen Büro gelöst werden, ohne den  wunderbaren
                Bestand zu beeinträchtigen. Die Lösung lag in der großzügigen Freilegung der Substanz kombiniert mit dem Ein -
                stellen von raumbildenden Möbeln und Einbauten, die sich dezent integrieren, den Raum definieren und sich spie-
                lerisch mit der vorhandenen Architektur vereinigen.

                Die „Schokoladenfabrik“ ist eine Büroimmobilie mit langer Geschichte

                Das alte Fabrikgebäude liegt im Hinterhof eines kompakten Stadtblocks im Berliner Bezirk Neukölln. Die Nähe zum
                Landwehrkanal, aber auch zu den belebten Zentren von Kottbusser Tor und Hermannplatz machen die Lage beson-
                ders attraktiv für junge Gewerbetreibende. Das Büro befindet sich im Hochparterre. Die um 1870 erbaute „Schoko -
                ladenfabrik” ist eines der ältesten erhaltenen Gewerbegebäude in diesem Teil Berlins. Von 1926 bis 1973 wurde hier
                tatsächlich Schokolade produziert, was sich bis heute namensgebend auswirkt. In den Jahren 1976, 1977 kam das
                Gebäude zu einiger Berühmtheit, da es gegen den Wunsch des Bezirks und der Bauaufsicht, jedoch unter ausdrück-
                licher Zustimmung des Besit zers, zu Wohngemeinschaften umgenutzt wurde. Die  mehrfach drohende Räumung
                fand let ztendlich niemals statt und so  wurde das Gebäude in den f olgenden Jahrz ehnten nicht nur  für seine
                Bewohnerfeste, sonder n auc h f ür den er sten tür kischen K ulturverein in Ber lin und das K indertheater K lecks
                bekannt. Erst Ende der 1990er- beziehungsweise zu Beginn der Nullerjahre wurden die Mietverträge beendet und
                eine langsame Umnutzung des Gebäudes begonnen. Im Zuge der Aufteilung in einzelne Einheiten und der anschlie-
                ßenden Veräußerung des Gebäudes dur ch den neuen Besit zer wurde ein neues Br andschutzkonzept erstellt, das
                neben der – unschön mitten an der Fassade platzierten – Feuerleiter auch eine Aufbereitung der Rohsubstanz bein-
                haltete. Hier wurde glücklicherweise auf wesentliche Eingriffe verzichtet, denn bis heute weist dieses den Kiez sehr
                prägende Gebäude keine Eintragung in die offizielle Denkmalliste auf.
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