Page 31 - AIT0623_Leseprobe
P. 31
Entwurf • Design Dreimeta, Augsburg
Bauherr • Client FMI Forum an der Museumsinsel, Berlin
Standort • Location Monbijoustraße 11, Berlin
Foto: Eckart Matthaeus
Nutzfläche • Floor space 5.239 m 2
Fotos • Photos Steve Herud, Berlin
Mehr Infos auf Seite • More infos on page 142
Wo immer möglich wurde das Tonnengewölbe freigelegt •Wherever possible, the barrel vault was exposed. Eyecatcher: ehemalige 400 Kilometer lange Rohrpostanlage •The former 400-km-long pneumatic-tube system
von • by Armin Fischer, Dreimeta, Augsburg
F ür die Anfang des 20. Jahrhunderts schnell wachsende Hauptstadt des Deutschen zugemauert und das Gebäude mit einem Tarnanstrich versehen. Im Keller wurde eine
verbunkerte Notvermittlungsstelle eingerichtet, um bei Ausfall der Räume darüber trotz-
Reiches benötigte die Oberpostdirektion Berlin der Reichspost ein zentrales Gebäude
für die moderne und gerade im Entstehen begriffene Fernsprechtechnik. So entstand ab dem noch arbeiten zu können. Das Gebäude wurde im Krieg zweimal von Bomben ge-
1910 nach einem Entwurf von Postbaurat Wilhelm Walther und Architekt Max Lehmann troffen, die jedoch keine irreparablen Schäden verursachten. Auch die kurz vor Kriegs-
für 3,1 Millionen Mark ein viergeschossiger Komplex mit vier Gebäudeflügeln im Stil des ende durch den Volkssturm geplante Sprengung des Gebäudes konnte verhindert werden.
Neobarock. 1916 als aufwendigster und teuerster Postbau Deutschlands eröffnet, diente
er bis 1992 als Zentrale der Telegrafeneinrichtungen in Berlin. 1919 wurde im Kellerge- Unbeschwerte eklektizistische Mischung von Dreimeta
schoss und im Parterrebereich die Stadtrohrpostzentrale in Betrieb genommen, in ihrer
Blütezeit eine Gesamtlänge von fast 400 Kilometern aufwies. Der imposante Gebäude- Seit 2001 ist der monumentale Gebäudekomplex im Besitz eines Investors. Das Ensemble
komplex wurde mit modernster Telegrafentechnik versehen und diente in den ersten wurde als Teil des Projekts Forum Museumsinsel saniert und für Büros, Läden und Ga-
Jahren auch als Entwicklungszentrum für den deutschen Funkverkehr. Erst 1918, nach Be- stronomie um- und ausgebaut. Nun hat im Seitenflügel an der Monbijoustraße das Hotel
endigung des Ersten Weltkriegs, begann das Telegrafenamt vollständig mit seiner Arbeit. Telegraphenamt Einzug gehalten. Für die Einrichtung des Hotels hat Dreimeta bauzeitli-
In je einem Geschoss des Ostflügels war die Telegrafentechnik untergebracht, nach ver- che Gestaltungselemente des Kunsthandwerks aus dem beginnenden 20. Jahrhundert
schiedenen Zielgebieten getrennt. In den hohen Sälen befanden sich die Ausrüstungen neu interpretiertinterpretiert – eine unbeschwerte, eklektizistische Mischung einer Viel-
für den Telegrafendienst sowie eine Telegrammannahme, eine öffentliche Fernsprech- zahl verschiedener Elemente aus Art Déco, Bauhaus und Jugendstil. Die Einrichtung re-
stelle, ein Rohrpostamt, Packräume des Paketpostamtes sowie das Zentrale Post- und präsentiert somit, obwohl sie auf bestimmten gemeinsamen Prinzipien basiert, keinen
Fernmeldeverkehrsamt. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die hohen Fenster klar definierten Stil im eigentlichen Sinne, sondern bezieht sich auf eine ganze Epoche,
AIT 6.2023 • 131