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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS LITERATUR • LITERATURE
           LITERATUR








            AKTUELLE WERKMONOGRAFIEN UND PORTRÄTS SOWIE NEUE TITEL ZUM HEFTTHEMA


































            Anni und Josef Albers                    Hamburg und Volkwin Marg                 Lederer Ragnarsdóttir Oei 2


            „Unsere Anka (Annika: Anm. d. Red.) ist so schwierig, und  Wie das Graugansküken dem ersten Wesen folgt, das sich  Anschluss, Abschluss, Neubeginn – nach ihrer ersten Pu-
            Sie sind so wundervoll, Sie können jederzeit zu uns nach  vor ihm bewegt, so hängt Volkwin Marg am Wasser. Un-  blikation 2012 markiert der zweite Band der Werkdoku-
            Hause kommen, wenn sie Ihnen zu viel wird.“ Mit diesen  mittelbar nach Studienabschluss an der TU Braunschweig  mentation eine Art Wendepunkt in der freundschaftlichen
            Worten hieß Anni(ka)s Mutter, die aus der deutsch-jüdi-  im Jahr 1965 zog der in Danzig aufgewachsene Architekt  Zusammenarbeit des Stuttgarter Architekturbüros um
            schen Verlegerfamilie stammende Toni Fleischmann-Ull-  gemeinsam mit dem ehemaligen Studienkollegen Mein-  Arno Lederer, Jórunn Ragnarsdóttir und Marc Oei. Veröf-
            stein, ihren katholischen, aus einer Handwerkerfamilie  hard von Gerkan nach Hamburg. Man musste damals  fentlicht im Berliner Jovis Verlag knüpft die Monografie
            kommenden und elf Jahre älteren Schwiegersohn in spe,  nicht nach Hamburg gehen – die ersten Projekte waren  dort an, wo die erste abschloss: Gezeigt werden alle LRO-
            Josef Albers, beim ersten Treffen willkommen. Die Ehe der  anderswo verortet, und die in Harvestehude erfolgte Bü-  Bauwerke in chronologischer Reihenfolge von 2013 bis
            beiden Künstler hielt mehr als 50 Jahre, bis zu Josefs Tod  rogründung kostete zwei junge Familienväter viel Geld –  heute, die „dank klar erkennbarer Handschrift“ – formu-
            im Jahr 1976. „Equal and unequal“, lautet der Untertitel  aber man wollte! Die Gründe: die Großstadt und das  liert die Stuttgarter Architekturkritikerin Amber Sayah im
            der ersten (!) Werkmonografie über die Albers’. Er spielt  Wasser (Grauganseffekt). Was dieser Idee folgte, ist längst  Vorwort – „singulär in der deutschen Architekturland-
            auf die frappierende Ähnlichkeit und gleichzeitige Eigen-  Architekturgeschichte. Von den frühen Hamburger Jahren  schaft sind und sich dem strengen Formenkanon der Mo-
            ständigkeit der Arbeiten jener beiden Meister der Abstrak-  Margs bis zur Etablierung als einer der wichtigsten Archi-  derne mit Ausdruck verweigern.“ 41 Jahre nach Bürogrün-
            tion an, die sich in jeweils eigenen Medien ausdrückten.  tekten des Landes, von den ersten dezidiert Hamburgi-  dung übergeben Arno Lederer und Jórunn Ragnarsdóttir
            Josef als Glaskünstler und Maler, Anni als Textildesignerin  schen Aufträgen für gmp, der durch Marg initiierten Grün-  nun das Stuttgarter Büro an Marc Oei und weitere Partne-
            und Weberin. Der Autor Nicholas Fox Weber ist ein pro-  dung eines Museumshafens (1976), der Errichtung des  rinnen und Partner. Mit Sitz in Berlin und unter dem
            funder Albers-Kenner. Er traf auf das Paar, als Josef bereits  Hanseviertels (1980) und den ersten Ideen zur Hafencity  Namen Lederer Ragnarsdóttir wird es künftig mit Sohn
            82 und Anni 71 Jahre alt war, wurde zum Freund und zur  berichtet uns Gert Kähler. Sachbezogen und zugleich per-  Sölvi Lederer als Partner neue Bauwerke mit frischem
            rechten Hand. Seit 1976 arbeitet Fox Weber für die Albers  sönlich schreibt der Architekturhistoriker über den inni-  Wind aus der nächsten Generation geben. Den Weg bis
            Foundation. In seinem bildgewaltigen Band – drei Kilo  gen Einsatz Margs für Architektur, Städtebau und Denk-  dorthin dokumentiert der zweite Band, wie bereits der
            schwer, mit über 750 Abbildungen und teils noch nie ge-  malpflege in dieser, „seiner“ wassergeborenen Stadt. Im  erste, in streng klassischer Manier: Format, inhaltlicher
            zeigten privaten Fotografien des Paares – dokumentiert er  letzten Kapitel kommt Marg selbst zu Wort. Nicht ansatz-  Aufbau und Layout sprechen eine minimalistische, auf
            Leben und Werk beider Künstler, ihre gemeinsame Zeit  weise so grau, wie der Einband vermuten lässt, ist dieses  das Wichtigste bedachte Sprache und geben den bildge-
            am Bauhaus, ihre Emigration in die USA, ihren Einfluss  Architektenporträt ein ziemlich facettenreicher Einblick in  waltigen – in Graustufen abgedruckten – Fotografien Raum
            am Black Mountain College, ihre Schaffenszeit in Connec-  ein hochspannendes (Berufs-)Leben in einer interessan-  zur Wirkung. Ergänzt wurde der Inhalt um Objekte von
            ticut und vor allem ihre so erstaunlich zeitlose Kunst! wa  ten und von vielen Eigenheiten geprägten Stadt.  kk  1979 bis 2021 sowie 2021 begonnene Projekte.  pb

            Anni und Josef Albers – Equal and unequal  Grauganseffekte. Hamburg und der Architekt Volkwin Marg  Lederer Ragnarsdóttir Oei 2
            Von Nicholas Weber Fox                   Von Gert Kähler                          Von Lederer Ragnarsdóttir Oei
            Erschienen 2020 im Phaidon Verlag, New York City. Englisch. 512 Seiten.  Erschienen 2021 im Dölling und Galitz Verlag, München/Hamburg.  Erschienen 2021 im Jovis Verlag, Berlin. Deutsch/Englisch. 264 Seiten.
            Hardcover. Format: 30,5 x 23,8 cm. ab 81,99 EUR.  Deutsch. 360 Seiten. Hardcover. Format: 17 x 24 cm. 28,00 EUR.  Leinenband mit Banderole. Format: 29,7 x 24,5 cm. 48,00 EUR.
            ISBN 9781838661427                       ISBN 978-3-86218-148-3                   ISBN 978-3-86859-706-6

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