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Schinkel: A meander through his life and work Cornelius Gurlitt: Handbuch des Städtebaus


             Karl Friedrich Schinkel (1781–1841), Klassizist und Klassiker, fasziniert uns noch heute. Kei-  „Der Nutz ist ein Teil der Schönheit.“ Ein Zitat Albrecht Dürers eröffnet den wunderba-
             nem deutschen Baumeister der Vergangenheit dürften Architektur- und Kunstgeschichte  ren Reprint von Cornelius Gurlitts (1850–1938) „Handbuch des Städtebaues“. Erstmals
             in den vergangenen 100 Jahren mit solcher Hingabe, Leidenschaft und Tiefe zu Leibe ge-  1920 erschienen, besorgte nun der Münchner Architekt und Professor für Stadtbau-
             rückt sein wie dem obersten preußischen Baubeamten seiner Generation. Leben und  kunst an der Technischen Universität Kaiserslautern Matthias Castorph den vorliegen-
              Werk des gebürtigen Neuruppiners und                                                        den Neudruck. Er möchte das Buch so
             späteren Wahlberliners sind hinlänglich                                                      dem Vergessen entreißen und es seinen
             bekannt, erforscht und durchexegiert. So                                                     Studenten wie auch der größeren Kolle-
             meint man zumindest! Und dann begegnet                                                       genschaft neu zugänglich machen. Dass
              einem doch die reizende Altersschrift des                                                   Gurlitt, der vor allem als großer Barock-
              Kunsthistorikers  Kurt W.  Forster,  der zu                                                 forscher in die Kunstgeschichte eingegan-
              den international renommiertesten Vertre-                                                   gen ist, mit dem „Handbuch“ auch eine

              tern sei nes Faches zählt und spätestens                                                    praktische  Städte baufibel  verfasst  hat,
              durch die 2004 von ihm geleitete Architek-                                                  dürfte selbst Kenner überraschen. Bemer-
              turbiennale von Venedig auch in Architek-                                                   kenswert  ist  auch,  dass  der  Dresdner
              tenkreisen größere Bekanntheit genießt.                                                     Kunsthistoriker darin auf der Höhe der
             Mit „Schinkel: A meander through his life                                                    zeitgenössischen Bautechnik argumentie-
             and  work“  hat  er  nun  seine  Sicht  auf                                                  ren kann. Anders etwa als Camillo Sitte in
             Schinkel dargelegt. Entstanden ist keine                                                     seiner  wesentlich  berühmteren  Schrift
             stringent verfasste Biografie und auch kein                                                   über den „Städtebau nach seinen künst-
             neuerliches Werkverzeichnis. Vielmehr hat                                                    lerischen  Grundsätzen“  verharrt  Gur litt
             Foster eine sehr subjektive und nur lose untereinander verbundene Auswahl von The-  nicht im Reich der Ästhetik, sondern wird durchaus handfest, etwa wenn es um die
             men aus Leben und Werk Schinkels getroffen, denen er sich im Einzelnen jedoch mit  Anlagen der städtischen Infrastruktur geht. Natürlich sind es zugleich diese Abschnitte,
             größter Kennerschaft und Akribie widmet. So gelingen Foster mitunter erstaunliche Ent-  in denen sich die praktische Ausbildung Gurlitts als Architekt zeigt, die heute inhaltlich
             deckungen und Deutungen, die der Forschung bisher verborgen geblieben sind. Auch der  am stärksten überholt sind. Was Gurlitt hingegen über die gestalterischen Prinzipien
              lo ckere Erzählton und die ansprechende grafische Aufbereitung überzeugen.             ub  des Städtebaus sagt, mag heute fast relevanter erscheinen als vor 100 Jahren.         ub


             Schinkel: A meander through his life and work Von Kurt W. Forster. Erschienen 2018 im Verlag Birkhäuser, Basel.   Cornelius Gurlitt: Handbuch des Städtebaues Neuherausgegeben von Matthias Castorph. Erschienen 2020 im Verlag Franz
             Englisch. 416 Seiten. Hardcover. Format: 17,3 x 24,4 cm. 49,95 EUR. ISBN 978-3-03560-778-9  Schiermeier, München. Deutsch. 544 Seiten. Softcover. Format: 17,9 x 21,5 cm. 44,00 EUR. ISBN 978-3-94386-690-2
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