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FORUM KORRESPONDEZ • CORRESPONDECY
ZRH 47° 27’ 30’’ N, 8° 32’ 53’’ O (Zürich) Christoph Ramisch
Architekt, Dozent und
freier Autor. Mag sich nicht
zwischen Gebautem und
Geschriebenem entschei-
den. Lebt in Zürich.
Nahaufnahme
Am Tag als Hitler Selbstmord beging, po- geschehen. Gemäß einem der Titel ihrer The Museum für Gestaltung offers a
sierte Lee Miller in der Wanne des Füh- Berichte – «I See Germany!» – hielt sie glimpse of the life of Lee Miller — photo-
rers. Das Foto ging um die Welt und stellt nicht nur der Welt das Grauen, sondern grapher, muse, surrealist and woman. The
den Endpunkt ihres fotografischen Schaf- den Deutschen die Wahrheit vor Augen. ambience of the colourful interior, concei-
fens dar. Das Museum für Gestaltung Bizarre Momente des Krieges bannte sie ved by scenographer Christine Moser, be-
gewährt einen Blick auf das Leben dieser in die surrealen Sujets ihrer Fotografien. comes the ambivalent background of her
Fotografin, Muse, Surrealistin und Frau — Vor ihren Aufnahmen aus Dachau und war photographs. Miller was the first wo -
eine Ausstellung, die für Besucher aus Buchenwald verstummen selbst die Frot- man to accompany US troops from the
Deutschland besonders relevant er- tagen der Ausstellungswände. Räumlich landing in Normandy until the end of the
scheint. Auf mehrfarbig frottagierten separiert, auf einfarbigem Untergrund, war. She captured bizarre moments of war
Wänden eröffnen surrealistische Experi- veranschaulichen diese Bilder, warum es in the surreal subjects of her photographs.
mente an der Seite Man Rays die chrono- für Lee Miller nach dem Ende des Krieges Photographs from Dachau and Buchen-
logisch aufgebaute Schau. Das Ambiente nichts mehr zu fotografieren gab. Trau- wald illustrate why there was nothing left
des farbigen Interieurs, welches die Sze- matisiert vom Erlebten zog sie sich to photograph after the end of the war.
nografin Christine Moser ersann, gerät zurück, legte die Kamera beiseite und Traumatised by what she had experi-
Fotos: © Lee Miller Archives England 2020. genden Kriegsfotografien. Im Auftrag der nach ihrem Tod 1977 wiederentdeckt in the attic — where they were redisco-
ihre Bilder auf den Dachboden — wo sie
enced, she withdrew and her pictures up
zum ambivalenten Hintergrund der fol-
vered after her death in 1977. Karin Gimmi
Vogue war Miller die erste Frau, die die
wurden. Aus rund 200 dieser Werke
has now curated an exhibition from
kuratierte nun Karin Gimmi eine Ausstel-
US-Truppen von der Landung in der Nor-
around 200 of these works, which not
lung, die die Widersprüche im Leben die-
mandie bis zum Kriegsende begleitete.
only reveals the contradictions in the life
Mit schonungslosen Bildern und bissigen
ser Künstlerin nicht nur aufzeigt, sondern
auch erlebbar werden lässt.
Kommentaren schilderte sie das Kriegs-
of this artist but also makes them tangible.
MUC 48° 21’ 14’’ N, 11° 47’ 10’’ O (München) Cordula Rau
Architektin, Gründerin des
Netzwerkes „Die Walver-
wandtschaften“, arbeitet
als Architektin und Publizi-
München – Kolbermoor (63 km)
stin in München und Paris
Weitblick
Auf dem Gelände neben der ehemaligen löst. Dank der Grundrissform ist jede Woh- Behnisch Architekten have conceived a
Baumwollspinnerei in Kolbermoor haben nung auf drei Seiten natürlich belichtet. new residential quarter on the site next to
Behnisch Architekten ein neues Wohn- Anzahl, Größe und genaue Lage der einzel- the former spinning mill in Kolbermoor.
quartier geplant. In Zusammenhang mit nen Räume entsprechen den Wünschen Together with the recently revitalised listed
den denkmalgeschützten Bauten der Alten der Nutzer. Die zum Park hin orientierten industrial ensemble, a lively mixture of re-
Spinnerei, die in den vergangenen Jahren Wohn- und Schlafräume öffnen sich über sidential, commercial, gastronomic and re-
behutsam saniert und revitalisiert wurden, raumhohe Fenster. Versetzt angeordnete creational facilities is being created. The
entsteht eine lebendige Mischung aus Terrassen und Balkone bringen Bewegung concept features two different building ty-
Wohnen, Gewerbe, Gastronomie und Ein- in die Fassade. Ein signifikantes Merkmal pologies: five stand-alone Y-houses and
richtungen für die Naherholung. Das Ge- der Gestaltung stellen die verglasten Stirn- four Conradty houses. Thanks to the foot-
samtkonzept mit insgesamt neun Wohn- seiten mit ihren hellen horizontalen Brü- print of the Y-houses, each flat benefits
bauten sieht zwei unterschiedliche Gebäu- stungsbändern dar. Sie stehen im Kontrast from natural daylight on three sides. The
detypen vor. Die fünf Y-Häuser, von denen zu der eher geschlossenen Holzfassade aus five- and six-storey volumes have a mas-
Fotos: © Behnisch Architekten, Fotos: David Matthiessen form und bilden Solitäre. Gemeinsam mit ster durchbrechen in spielerischer und nies add movement to the façade. A signi-
zwei bereits fertig gestellt sind, verdanken
sive core and visually dissolves towards
unterschiedlichen erdig-braunen und sil-
their far ends. Offset terraces and balco-
ihren Namen der geometrischen Gebäude-
bernen Farbtönen. Verschieden große Fen-
den vier zusätzlichen Conradty-Häusern
ficant design feature is the glazed front
freier Anordnung die sägeraue Schalung.
fügen sie sich behutsam in die leicht hüge-
sides with bright horizontal parapet strips.
Im Inneren harmonieren warme grüne
They contrast with the rather closed woo-
lige Topografie der Parklandschaft ein. Die
und gelbliche Farbtöne mit Eichenholz,
weißen Putzflächen und Sichtbeton. Die
fünf- und sechsgeschossigen Baukörper
den façade of earthy brown and silver sha-
construction stages is scheduled for 2025.
der sich zu den Gebäudeenden visuell auf-
ren Bauabschnitten bis 2025 erfolgen.
020 • AIT 12.2020 entwickeln sich aus einem massiven Kern, Fertigstellung aller Gebäude wird in weite- des. Completion of all buildings in several

