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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS
RATHAUS
IN SYDNEY
Entwurf • Design Smart Design Studio, AU-Surry Hills
Obsoletes Relikt oder denkmalwerte Ikone? Das Town Hall House
steht im Zentrum einer kontroversen Debatte um die Erhaltung der
architektonischen Moderne in Sydney. Smart Design Studio reno-
vierte den Meilenstein des australischen Brutalismus mit einer
einfühlsamen Sanierung und Neugestaltung von zwei Empfangs-
geschossen und sieben darüber angeordneten Büroetagen.
von • by Bettina Schürkamp
I m Jahr 1977 eröffnet, zählt das Rathaus-Hochhaus zu den neun handverlesenen
Landmarken der Moderne, welche die Stadt Sydney aktuell für eine Eintragung in
die örtliche Denkmalliste zur Diskussion stellt. Noch sind die Stimmen der Online-Ab-
stimmung nicht ausgezählt und es bleibt spannend, welche Bedeutung die Bürger dem
Schutz der Moderne vor der boomenden Neubauwelle einräumen. Das Town Hall
House, in dem die gesamte Stadtverwaltung unter einem Dach zusammenarbeitet,
wurde von Ancher, Mortlock & Woolley als Ergänzungsbau zum historischen Rathaus
aus dem Jahr 1869 konzipiert. Die Sydney Town Hall im Stil des französischen Second
Empire mit einer Fassade aus lokalem Sandstein wird vorwiegend für repräsentative
Aufgaben genutzt. Im Gegensatz dazu ist das brutalistische Betonhochhaus mit 23 Ge-
schossen eine bürgernahe Anlaufstelle für Dienstleitungen und Beratungen aller Art.
Mit neuen Eingängen öffnete Smart Design Studio das Foyer mit einem Café, einer Ex-
press-Bibliothek und dem Bürgerbüro zum belebten Sydney Square und den umlie-
genden Straßen. Holzverkleidungen, ockerfarbene Lederbezüge und rote Bodenbeläge
verleihen dem renovierten Empfangsbereich eine warme, freundliche Atmosphäre.
Wie eine kontinuierliche Lichtlandschaft verbinden runde Hängeleuchten die öffentli-
chen Zonen auf zwei Etagen zu einer Einheit. Die Sanierung von Smart Design Studio
baute unsachgemäße Sanierungen zurück und rückte mit der Neugestaltung charakte-
ristische Merkmale der brutalistischen Architektur in den Fokus. Die erhaltenen Sicht-
beton- und Natursteinoberflächen in den Foyerbereichen wurden sorgsam saniert. Wie
eine Zeitreise in die 1970er-Jahre verbindet die freigelegte Betonwendeltreppe die bei-
den Empfangsebenen miteinander. Auch die Sandsteinverkleidungen der Kolonnaden
im Ausstellungsraum des Stadtmodells sind als Zeitzeugnis wieder sichtbar. Gemäß
dem Sanierungskonzept „Zurück in die Zukunft“ ergänzen in den neuen Pausen- und
Besprechungsräumen der Büroetagen aktuelle Details und Farbakzente die denkmal-
gerechte Sanierung dieser strittigen, aber für Sydney so charakteristischen Moderne.
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