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Urban Chiaroscuro, 2007
von • by Emily Allchurch
www.emilyallchurch.com
Emily Allchurch arbeitet mit den Mitteln der Fotografie und der di-
gitalen Bild bearbeitung, um Gemälde und Drucke Alter Meister aus
einer zeitgenössischen Perspektive zu rekonstruieren. Die Übernah-
me des kompositorischen Rahmens dieser Originalbilder ist für sie
ein nütz liches Instrument, um eigene Gedanken und Erfahrungen
zu Stadt, Architektur und Kultur auszudrücken. Allchurch verwendet
dafür ausschließlich eigene Fotografien, wählt daraus präzise Ele -
mente aus und setzt diese nahtlos zusammen. So entsteht auf je-
dem ihrer Bilder eine ganze Reise-Erzählung. Durch die Präsen tation
ihrer Arbeiten in Leuchtkästen wird deren Theatralik maxi miert und
Fenster in andere Welten werden geöffnet. Seit vielen Jahren be-
nutzt Allchurch vor allem die Radierungen von Piranesi als Vehikel,
um aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen zu kommentieren. In
ihrer Serie Urban Chiaroscuro stellt sie die berühmten Carceri-Mo-
tive von Piranesi mithilfe von Fotografien aus London, Rom und
Paris nach. Dabei thematisiert sie die Verbreitung moderner Über -
wachungstechnologie in den Städten des 21. Jahr hun derts. In Capi -
tal Folly (Seiten 46–47) wiederum rekonstruiert Emily All church aus
Foto grafien, die in Whitehall, London und Liverpool entstanden,
Piranesis Capriccio eines römischen Hafens. Während die auf-
strebende Kom position eine mächtige Zitadelle nachbildet, kündet
ein Brand im Hintergrund von schwierigen Zeiten, von politischer
und wirt schaftlicher Unsicherheit sowie von der wachsenden
Schere zwischen Arm und Reich. Für Sic Transit Gloria Mundi
(Seiten 68–69) wieder um diente Piranesis Fantasiedarstellung der
antiken Via Appia als Vorbild. Emily Allchurch erzählt damit die
Geschichte zweier Städte: Rom und London verbinden sich. Hybris
und Untergang des britischen Weltreichs schwingen gedanklich mit.