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Tanja Nopens Isabel Sternkopf
1973 in Frankfurt am Main geboren, Architekturstudium an der FH Aachen 1980 in Zwickau geboren 1999–2003 Architekturstudium, Zwickau 2003–
2005–2014 Mitarbeit und freiberufliche Tätigkeit für Planungs büros in 2006 Aufbaustudium Lichtdesign, Wismar 2005–2015 Mitar bei ter bei Licht -
Irland und Deutschland seit 2014 Projektleiterin bei TTSP HWP Seidel vision Design & Engineering seit 2015 Projektleiterin bei Licht Kunst Licht
Dank Tunable-White-LEDs passt sich die Lichtfarbe des Panoramabildes dem natürlichen Tageslichtverlauf an. • Thanks to Tunable-White LEDs, the light colour of the panorama image adapts to the natural course of daylight.
Kon zep tio nell schwebte den Architekten dabei eine Art „Höhle“ vor – kein „Labor“. Küche. Ein mit hohen Stehtischen und Barstühlen eingerichteter Bereich für den kurzen
Zentral für die Konzeption war die enge Zu sam menarbeit mit den Lichtplanern von Imbiss oder den Espresso danach ist zum Ge bäudekern hin orientiert, während entlang
Licht Kunst Licht. Gemeinsam mit den Planern von TTSP HWP Seidel schufen sie nicht der Außen wand ein schmaler Bereich mit Vierertisch-Gruppen angeordnet ist. Gefasst
nur eine optimale und angenehme Ausleuchtung aller Be reiche, sondern entwickelten von den Gebäudestützen und einer niedrigeren Decke ist er ruhiger und auch für vertrau-
auch eine Lösung für das Problem des fehlenden Tageslichtbezugs: Eine 22 Meter lange lichere Gespräche geeignet. Dahinter er streckt sich wie ein Panorama die bereits erwähn-
Lichtwand, die über eine intelligente Licht steuerung die Lichtstimmungen des Tages te 22 Meter lange Lichtwand über die gesamte Breite des Raumes.
nach empfindet. Diese sogenannte circadiane Lichtlösung war eine der Haupt stell -
größen, auf deren Basis sich eine Übereinkunft mit den Behörden über den Betrieb der Tageslichtähnliche Atmosphäre und Bezug zur Außenwelt
Kantine ohne direkten Tageslichtbezug erzielen ließ. Das gleiche Licht ist im gesamten
Küchenbereich an den Decken eingesetzt. Vom gesamten Ess- und Selbstbedienungsbereich aus sichtbar, zeigt das „Panora -
mafenster“ eine Arbeit des Künstlers Stephan Kaluza. Für sein „Rhein projekt“ reiste er
Ablesbar gegliedert und kontrastreich gestaltet 1.233 Kilometer den Rhein entlang und dokumentierte alle paar Minuten das Bild des
Flusses mit seiner Kamera. Der für die HSBC-Kantine ausgewählte Ausschnitt ist auf
Die Materialität und Farbgestaltung des Raumes wurde vom Leitgedanken des Kon tras - gefaltetem Gipskarton aufgedruckt, um Tiefe und Dichte zu erzeugen. Sie wird mit
tes bestimmt. Ankerpunkt hierfür ist der schwarze Boden aus Bitu-Terrazzo, der die harte linearen, eineinhalb Meter langen Tunable-White-LED-Profilen beleuchtet, die im
Steinoptik der Fassaden und des übrigen Hauses aufgreift. Aufgrund seiner fugenlosen Deckenbereich hinter der Verglasung versteckt angeordnet sind. Von warmen 2.700
Verlegbarkeit fasst er den polygonalen Grundriss zu einer einheitlichen Fläche zusam- Kelvin am Morgen wechselt die Lichtfarbe allmählich auf kühle 6.000 Kelvin am Mit -
men, was dem Raum Großzügigkeit verleiht. Zudem ist der Bodenbelag dauerhaft, wider- tag, während gegen Abend hin wieder zunehmend eine warme Lichtfarbe erreicht
standsfähig und hat trotz seiner Härte gute akustische Eigenschaften. Durch seine wird. Ähnliche, ebenfalls hinter der Glaswand bodenmontierte RGBW-LED-Lichtprofile
Verwendung konnten die langen Trock nungszeiten eines vergleichbaren Zement estrichs ermöglichen es, das Licht nach oben über die Flusskulisse streifen zu lassen, um deren
im unbelüfteten Untergeschoss vermieden werden. Dem schwarzen Boden haben die Textur hervorzuheben und zu intensivieren. Bei Sonnenauf- und -untergang tauchen
Architekten im Gastraum eine weiße Decke entgegengesetzt. Zwischen diesen beiden diese Lichtelemente die Szenerie in ein stimmungsvolles, orangenes Licht. Die lange,
Polen ließ sich gut mit Materialien unterschiedlicher Farbigkeit und Textur arbeiten; lichtgeflutete Wand bot für die Architekten eine großartige Gelegenheit, bildhaft zu
Kontraste zwischen hell/dunkel, warm/kühl und matt/glänzend wurden inszeniert. arbeiten, ohne rein dekorativ zu sein. Als ideal erwies sich dabei das gewählte Motiv
Funktional gliedert sich der Gastraum in vier Berei che mit unterschiedlicher Be leuchtung, der Rheinserie: Einerseits hat der Fluss einen thematischen Bezug zu Düsseldorf, ande-
Deckenhöhe und Möblierung: Der größte Bereich mit langen Tischbänken aus Holz unter rerseits ist die Wand aufgrund ihrer Proportionen ein idealer Träger für das in seiner
einer offenen, vollständig weiß gestrichenen Decke ist der zentrale Treff punkt, um auch Länge potenziell unendliche Motiv. Die Faltung des Bildes in mehreren Ebenen führt
in größeren Gruppen zu essen und sich austauschen zu können. Die für das Projekt ent- zu einem reichen Lichtspiel und vermeidet den flachen Effekt einer Fototapete. Trotz
worfenen Holzmöbel schaffen punktuelle, warme Akzente im Raum, denen wiederum der Beengtheit des Raumes funktionieren die Abläufe in Gastraum und Küche hervor-
die filigrane schwarze Bestuhlung entgegengesetzt ist. Die zentrale Anlaufstelle für den ragend. Das von TTSP HWP Seidel sorgfältig austarierte Design bietet einen klaren und
Besucher ist zunächst allerdings der Free flow-Bereich mit der Essens ausgabe, der mit sei- ruhigen Hintergrund zur Betriebsamkeit des Raumes. Dabei trägt auch der Einsatz von
nen raumschiffartigen Theken völlig schwarz gestaltet wurde. Er erstreckt sich vor der Akustik elementen an der Decke trotz vieler schallharter Oberflächen und Geräusch -
entsprechend ihrer Funktion mit übergroßen weißen Fliesen belegten Trennwand zur quellen im Raum zu einer sehr angenehmen Akustik bei.
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