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Nina Wester Viviane Bonfanti Nadja Thielen Patrick Müller
1988 geboren 2011 Architekturstudium TH Köln 1989 geboren 2011 Architekturstudium TH Köln 1991 geboren 2011 Architekturstudium TH Köln 1990 geboren 2011 Architekturstudium TH Köln
2015 Bachelor of Arts Architektur seit 2015 Mitarbeit 2015 Bachelor of Arts Architektur seit 2015 Studium 2014 Bachelor of Arts Architektur seit 2015 Master - 2014 Bachelor of Arts Architektur seit 2015 Master -
im Architekturbüro Schroeer-Heiermann der Baukunst an der Kunstakademie Düsseldorf vertiefung Energieoptimiertes Bauen vertiefung Corporate Architecture
Besonders die Konstruktion, die auf der Staffelung von nur einem Element – der Bohle
aus heimischem Lärchenholz – beruht, versprach eine spannende und größtenteils selbst
ausführbare Bauweise. Das Spiel aus Bohlen und Lücken, Vor‑ und Rücksprüngen führt
den Besucher dynamisch entlang der aneinandergereihten Volieren und erlaubt ver-
schiedene Interaktionen zwischen Besucher und Vogel. Durch die sich an der Umgebung
und dem Sonnenlauf orientierende Gebäudeform entstehen unterschiedliche Bereiche
mit eigener Aufenthaltsqualität.
Entwurfsprinzipien und technische Anforderungen
Die einzigartige Konstruktion, die das Potenzial einer Brettstapelbauweise ausschöpft,
brachte einige Herausforderungen mit sich. Da wir nicht auf Standardlösungen zurück-
greifen konnten, musste jeder Detailpunkt genau erarbeitet werden. Durch die guten
Dämmeigenschaften des massiven Wand‑, Boden‑ und Deckenaufbaus konnten wir auf
weitere Wärmedämmung verzichten. Wesentlich anspruchsvoller gestaltete sich beispiels-
weise die Konzipierung des Dachpunktes. Hier mussten Entwurfsprinzip und technische
Anforderungen aufeinander abgestimmt werden. Das erforderte einige Diskussionen mit
Fachleuten und Probedetails im Maßstab eins zu eins. Sämtliche Ausführungsschritte –
von der Planung über das Ausmessen auf der Baustelle, das Berechnen der tatsächlich
erforderlichen Dicke der Bohlen mit dem Tragwerksplaner oder die Ermittlung von Holz-
und Schraubenmengen bis hin zur tatsächlichen Errichtung des Baukörpers, zu tätigen
und mitzuerleben war für uns eine sehr spannende und lehrreiche Erfahrung. Ein großes
Glück war es für das Projekt, dass eine Berufsschulklasse des Thomas‑Esser-
Berufskollegs sich bereit erklärte, den Rohbau mit uns gemeinsam aufzubauen. Mit der
engagierten Schreinerklasse besprachen wir im Vorfeld die wesentlichen Punkte der
Konstruktion und den Bauablauf. Nachdem die Fundamente gegossen waren, begannen
wir gemeinsam mit den Schreinerlehrlingen mit der Errichtung des Rohbaus. Zwei
Wochen lang trafen wir uns pünktlich bei Sonnen aufgang in Zülpich, um Bohle für Bohle
schichtweise den gesamten Baukörper aufzubauen. In diesen zwei sehr intensiven
Wochen konnten wir den Rohbau fertigstellen. Es folgten die abschließenden Arbeiten
von Dachdecker, Elektriker und Landschaftsbauer. Die Türen zu den Volieren und den
Aufenthaltsräumen des Falkners wurden von der fakultätsinternen Schreinerei angefertigt
und eingebaut. Vor Ort schweißten wir zu guter Letzt noch die Türgriffe und das Geländer, Das Spiel aus Bohlen und Lücken, Vor‑ und Rücksprüngen ... • The interplay of planks and gaps, projections …
gossen Treppenstufen und brachten die Schutzgitter für die Vögel an. So konnten wir das
... führt die Besucher dynamisch entlang der Volieren. • ... dynamically guides the visitors along the aviaries.
Gebäude kurz vor Eröffnung der Landesgartenschau an die Nutzer übergeben.
Neue Attraktion in Zülpich
Am Tag der Eröffnung der Landesgartenschau konnten wir sehen, wie die Besucher sich
langsam und neugierig dem Gebäude näherten, wie sie über die Terrasse schlenderten
und, Schritt für Schritt durch die Bohlen spähend, die Vögel beobachteten. Wir konnten
sehen, wie der Falkner und seine Gehilfen sich in den Aufenthaltsräumen eingerichtet hat-
ten, wie sie ihre spektakuläre Flugschau direkt vor dem Gebäude abhielten, dabei die
Vögel auf dem Dach der Greifvogelstation pausierten und die Besucher, auf der Terrasse
sitzend, die Schau genossen. Seltsam war das Gefühl, sich monatelang mit dem Gebäude
beschäftigt zu haben – schließlich hatten wir jede einzelne Schraube und jedes einzelne
Brett durchdacht – und es nun zurückzulassen. Es war schön zu sehen, wie das Gebäude
tatsächlich von den Nutzern angenommen und mit Leben gefüllt wurde. Neben der inten-
siven Praxiserfahrung hat uns am meisten beeindruckt, das Objekt, welches in unseren
Köpfen entstanden war, nun tatsächlich vor unseren Augen stehen zu sehen und betreten
zu können. Diese Erfahrung, die erst durch das besondere Engagement unserer Pro -
fessoren Peter Scheder, Susanne Kohte und Chris Schroeer‑Heiermann ermöglicht wurde,
die uns von der Planungsphase bis hin zur tatsächlichen Realisierung unermüdlich begleit-
eten, hat uns mit viel Freude große Einblicke in den realisistischen Bauprozess vermittelt.
AIT 12.2016 • 055