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FORUM  NACHRICHTEN  •  NEWS



      MUC                                    48° 21’ 14’’ N, 11° 47’ 10’’ O (München)                            Cordula Rau
                                                                                                                 Architektin, Gründerin des
                                                                                                                 Netzwerkes „Die Walver­
                                                                                                                 wandtschaften“, arbeitet als
                                                                                                                 Architektin und Publizistin
                                                                                                                 in München und Paris

                                     Rohe Oberflächen

                                     In  der  Nähe  des  Münchner  Ostbahn­  1960er-Jahre an. Hellgelbe Keramikfliesen  For some years now, the former Pfanni
                                     hofs hatte einst die Firma Pfanni ihren   kontrastieren mit mattbraunen  Ziegeln.  industrial site in Munich has been trans­
                                     Standort. Seit einigen Jahren erlebt das   Fensterflächen und Metallprofile entspre­  formed into an exciting area for working,
                                     Industriegelände  eine Transformation.   chen dem Charakter der früheren Indu­  living and leisure, the Werksviertel. The
                                     Zuerst als Kunstpark Ost der Münchner   striefassaden. Roh belassene Oberflächen  architectural firm Hild und K is now con­
                                     Jugend­szene gewidmet, stellt das Gelän­  und  Strukturgläser  lehnen  sich  an  den   verting a former administration building
                                     de inzwischen ein spannendes Areal für   Duktus an. Auch im Gebäude bleibt der   into a business incubator. Factory 1 is
                                     Arbeiten, Wohnen und Freizeit dar, das   Geist des Ortes lebendig. Die Halle erweist   home to start­ups. The extension Werk
                                     Werksviertel. Die Architekten Hild und K   der Vergangenheit Referenz und entspricht   1.4 provides work spaces and small resi­
                                     planten dort bereits mehrere Bauten. Mit   in ihren Ausmaßen der ehemaligen Schlos­  dential units. The realisation ties in with
                                     dem Weiterbau eines ehemaligen Verwal­  serei. Stahl und Glas verleihen dem Raum   the architectural vocabulary of the 1950s
                                     tungsgebäudes zum Gründerzentrum set­  Werkstattcharakter – die Betondecke trägt  and 1960s. Window surfaces and metal
                                     zen die Planer ihre Tätigkeit fort. Im Werk   durch ihr Schalungsmuster dazu bei. Der  profiles correspond to earlier industrial
                                     1, der früheren Keimzelle der Produktion,   Mix aus Reminiszenz und neuen Elemen­  façades. Untreated surfaces and textured
                                     siedeln sich heute junge Unternehmen   ten verfehlt seine Wirkung nicht. Städte­  glass echo the style. The dimensions and
                                     an. Mit dem Erweiterungsbau  Werk 1.4   baulich kommt der öffentlichen Passage  materials of the hall correspond to those
                                     wurden nicht nur Arbeitsräume geschaf­  mit angrenzenden Läden und Cafés eine  of the former locksmith’s shop.  The
                                     fen, sondern auch kleine Wohneinheiten   besondere Bedeutung zu. Als überdachter  public mall with its adjoining shops and
      Fotos: Michael Heinrich        Geschossen und gemeinschaftlich genutz­  nung und zugleich die Verbindung dar zwi­  and a connection between the emerging
                                                                    Stadtplatz stellt sie einen Ort der Begeg­
                                                                                                   cafés represents a place of encounter
                                     mit Coliving­Bereichen in den oberen
                                                                                                   residential district in the southeast and
                                                                    schen dem entstehenden Wohnviertel im
                                     te Dachterrassen. Die Umsetzung knüpft
                                                                                                   the offices in the northwest.
                                     an die Architektursprache der 1950er­ und
                                                                    Südosten und den Büros im Nordwesten.
      STR                                    48° 41’ 24’’ N, 9° 13’ 19’’ O (Stuttgart)                           Henriette Sofia Steuer
                                                                                                                 Innenarchitekturstudium in
                                                                                                                 Rosenheim, Volontariat bei
                                                                                                                 AIT, seit 2018 freie Jour na­
                                                                                                                 listin für Architektur, Hand­
                                             Stuttgart – Entringen bei Tübingen (44 km)
                                                                                                                 werk und Einzelhandel
                                     Wilde Beete

                                     Man könnte das sogenannte „Gärtle“ als   seiner Arbeiten – ebenfalls auf dem eige­  The Gärtle, nestled in an enchanting gar­
                                     einen Ort der Ruhe und der schönen Dinge   nen Grundstück – ein Museum. Für den  den on the outskirts of Entringen, are a
                                     bezeichnen: Eingebettet in einen verwun­  Entwurf des Ausstellungsbaus zeichnet der   place of tranquillity and beautiful things.
                                     schen wirkenden Garten am Ortsrand von   Architekt Stefan Gamerdinger aus Rotten­  It houses the museum of artist Manfred
                                     Entringen bei Tübingen befindet sich das   burg am Neckar verantwortlich. Ganz im  Luz, born here in 1930. After studying clas­
                                     Museum des Künstlers Manfred Luz. 1930   Geiste des Bauhauses entwickelt, besticht  sical painting in Freiburg and Florence, Luz
                                     als Bauernsohn in eben diesem „Flecken“   das weiß verputzte Gebäude durch seine  became a freelance artist. To earn a living,
                                     geboren, studierte Luz nach dem zweiten   kubisch­schlichte Formgebung und die  the young artist and his wife Anita expan­
                                     Weltkrieg in Freiburg an der Karlsruher   Blickbezüge in den Garten des Künstlers   ded their home and opened the restaurant
                                     Akademie der Künste und in Florenz an   und in die Natur des Schönbuchs. Nach   Das Gärtle. In 2010, Luz had a museum
                                     der Accademia dell‘Arte klassische Male­  der Schließung des Restaurants im Zuge  built on his property to showcase his
                                     rei. Zurück in Deutschland tauschte Man­  der Coronapandemie hat jetzt eine Enkelin   works. Following the spirit of the Bauhaus
                                     fred Luz bald seine Tätigkeit als Grafiker in   des Künstlers die Gastronomie übernom­  movement, the white plastered building,
                                     Stuttgart gegen die eines freien Künstlers   men und in diesem Jahr das Café „Leaves“   designed by architect Stefan Gamerdin-
                                     in der Heimat ein. Um für finanzielles Aus­  eröffnet. In dem stetig erweiterten Restau­  ger, stands out with its cubist simplicity
                                     kommen zu sorgen, erweiterte der junge   rantanbau, sowie zwischen wilden Beeten   and its views into the garden and the natu­
                                     Künstler gemeinsam mit seiner Frau Anita   und altem Baumbestand können Besucher   ral surroundings. After the COVID­19 pan­
      Fotos: Henriette Sofia Steuer   Wirtschaft „Das Gärtle“, das bald über   gespielter Klaviermusik durch den Garten   opened the Leaves café this year. Visitors   AIT im Abonnement.
                                                                    hier nun insbesondere an Freitagen zu live
                                                                                                   demic, one of the artist’s granddaughters
                                     das eigene Wohnhaus und eröffnete die
                                                                    lustwandeln, die farbintensiven  Werke  can now stroll through the garden and
                                     die Ortsgrenzen hinaus einen guten Ruf
                                                                                                                                             Infos und Download
                                                                    Manfred Luz‘ bestaunen oder einfach nur  admire Manfred Luz’s colourful  works
                                     genoss. 2010 erfüllte sich Luz dann einen
                                                                                                                                             www.ait-online.de
       028  •  AIT 10.2023           Traum und realisierte  zur Präsentation   Kuchen und Co. genießen.  amidst wild flower beds and old trees.



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