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VERKAUF UND PRÄSENTATION • RETAIL AND PRESENTATION

































            SCHAUKÄSEREI LA FETTA

            IN BAGNOLO PIEMONTE



            Entwurf • Design Sceg Architetti, IT-Turin


            Stefano Carera und Eirini Giannakopoulou, Partner im Architektur-
            büro Sceg, der Künstler Hilario Isola und das Grafikdesignbüro Elyron
            wuchsen zu einem sich gut ergänzenden Team zusammen und erwei-
            terten eine Molkerei in Bagnolo Piemonte durch eine Schaukäserei
            samt Käseladen. Alte Käsereifebretter wurden dabei nicht nur recy-
            celt, sondern zum tonangebenden Gestaltungsmotiv.



            von • by Ulrike Nicholson, Tübingen
            Ü   ber der Po-Ebene, südwestlich von Turin, wacht der imposante Monte Viso – ein
                Berg mit weithin sichtbarer Gestalt. Seine charakteristische Form fand in dem höl-
            zernen Eingangsvorbau der neuen Schaukäserei „La Fetta“ in Bagnolo eine abstrakte
            Weiterführung. Das Projektteam aus Architektur, Kunst und Grafik entwickelte diesen ge-
            stalterischen Auftakt sowie das Konzept für den gesamten Neubau. Wer durch den Ein-
            gang hindurchgeht, findet sich in der Welt des Käses wieder. Das Raumprogramm verteilt
            sich auf zwei Ebenen. Ein Verkaufsraum im Erdgeschoss verbindet sich über große Fen-
            steröffnungen visuell mit den angrenzenden Bereichen, mit dem Produktionsraum einer-
            seits und dem vollklimatisierten Reiferaum andererseits. In Letzterem wird der Käse nach
            der Herstellung bis zur Verzehrreife gelagert und gepflegt. Die Besonderheit bei La Fetta:
            Man kann dabeizusehen. Große Glasscheiben hinter der Verkaufstheke geben den Blick
            auf die Käselaibe frei und inszenieren diese nebenbei vortrefflich. Ein weiteres Mal be-
            gegnet einem das Bild der gestapelten Laibe in dem eine Etage höher liegenden Veran-
            staltungsraum. Unterschiedliche Informationen zur Käserei und zum Thema Käse sind
            hier der Wand entlang auf halbrunden, weißen Infotafeln zu lesen. Die Bauherrenschaft
            hatte den Entwerfern bei der Planung weitgehend freie Hand gelassen. Es gab quasi nur
            eine wichtige Vorgabe: Eine große Menge bereits vorhandener, alter Käsereifebretter
            sollte in die Käserei integriert werden. Die langen Holzdielen dienen heute über ihren
            funktionalen Einsatz im Reiferaum hinaus als gestalterisches Hauptmotiv. Sie sind Raum-
            teiler, Treppengeländer, Wandregal und Teil der Verkaufstheke. Bewusst belassen wurden
            alte Abdrücke von Käseformen auf dem gereinigten Holz – sie zeugen von langer Zeit und
            intensivem Gebrauch. Als Kontrast dazu: glänzender Edelstahl als Arbeitsfläche und Ge-
            staltungsmittel. Die gewünschte ästhetische Integration der Reifebretter gelingt aber vor
            allem deshalb so gut, weil ein starkes Farbkonzept unterstützt. Helles Blau am Boden
            und kräftiges Dunkelblau an Wänden und Fensterrahmen sorgen für ein perfektes Büh-
            nenbild: Sie schaffen Eleganz und verhelfen den Holzelementen zum großen Auftritt.

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