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Christian Kellner                        bergmeisterwolf architekten


                                  1997 geboren 2016–2020 Innenarchitekturstudium, Bachelor of Arts,  2010 gegründet von Gerd Bergmeister (*1969) und Michaela Wolf
                                  Technische Hochschule Rosenheim 2018/2019 Praktikum bei bergmei-  (*1979) in Brixen/Südtirol seitdem vielfach ausgezeichnete Neu-, An-  Foto: Archiv bergmeisterwolf
             Foto: privat         sterwolf in Brixen seit 2020 Architekturstudium TU Wien  und Umbauten im Tourismus-, Wohn- und Kulturbereich














































             Fotos: Gustav Willeit, IT-Stern                                                                                           Foto: Christian Kellner






             Für den Ort bauen: Pacherhof in Neustift-Vahrn, ... • To build the place: Pacherhof in Neustift-Vahrn, ...  ... Exkursion zum Hotel und Weingut bei Brixen • ... excursion to the hotel and winery near Bressanone


             H   err Kellner, Sie haben an der Technischen Hochschule Rosenheim zwischen  Art roter Faden bildet in ihrer Arbeit die Fähigkeit, die Landschaft mit dem in sie ein-
                 2016 und 2020 Innenarchitektur studiert. Michaela Wolf lehrt dort seit 2017
                                                                           zufügenden Baukörper gekonnt in Einklang zu bringen und die Sprache der lokalen
              Entwurf und Raum. Eine glückliche Fügung des Schicksals?     Traditionen und Bauweisen mit zeitgenössischen Ausdrucksformen und Materialien
              Ja, in der Tat. Rückblickend war Michaela sicherlich eine Person, die mich sehr stark  weiterzusprechen. Projekte mutig anzugehen, etwas zu wagen und dabei sensibel
              geprägt hat. Schließlich hat sie mich im Studium neben vielen Kursen im Entwerfen  und achtsam zu bleiben, habe ich für mich mitgenommen. Denn für die Architektur
              zuletzt auch bei meiner Bachelorarbeit zum Thema Umnutzung von Kirchen betreut.  kann die Auseinandersetzung mit der „Tradition“ – vor allem in Südtirol – immer noch
              Besonders ihre Experimentierfreudigkeit und Offenheit bei der Herangehensweise an  ein heikles, viel diskutiertes Thema sein. Die Projekte sind in ihrer Wirkung mit
             die verschiedensten Projekte hat mir gefallen. So bin ich auch während des Praxisse-  einem ins Wasser fallenden Stein zu vergleichen. Zunächst wirbelt dieser das Wasser
             mesters bei ihr und Gerd im Büro in Brixen gelandet. In dieser Zeit konnte ich sowohl  auf, doch mit der Zeit beruhigt sich das Wasser wieder, und es wirkt so, als wäre der
             im Studium als auch im Büro einiges lernen und für die Zukunft mitnehmen, wofür  Stein schon immer da gewesen und gehöre dort hin.
             ich sehr dankbar bin.
                                                                           r Wie ist das kleine, feine Brixener Büro denn strukturiert, und welche Art von
             r Gerd Bergmeister und Michaela Wolf gehören zu den wichtigsten Vertretern  Arbeitskultur herrscht dort?
             einer neuen alpinen Architektur. Was konnten Sie von den beiden über das  Das Büro bestand zu meiner Zeit aus dem Paar bergmeisterwolf, vier bis fünf Mitar-
             Bauen im regionalen Kontext lernen, über den Bezug von Architektur und Land-  beitern und zwei bis drei Praktikanten. Meines Wissens soll diese Bürogröße auch
             schaft und über den zeitgemäßen Umgang mit Tradition und Kultur?  beibehalten werden, damit Michaela und Gerd weiterhin in alle Prozesse direkt in-
             Ob regionaler Kontext oder nicht, zunächst wird anfangs immer der Ort, dessen Ver-  volviert sein können. Es ist den beiden wichtig, die Projekte bei jedem Schritt und
             gangenheit, Gegenwart und mögliche Zukunft ergründet. Für Michaela und Gerd be-  bis ins letzte Detail persönlich zu betreuen, um das bestmögliche Resultat zu erzie-
             deutet Bauen, den Ort fortzuschreiben. Das spiegelt sich auch in einem ihrer Leitsätze  len. Unterstützt werden die ArchitektInnen durch ein vielfältiges Netzwerk aus Fach-
             wider: „Nicht an einem Ort sollst du bauen, sondern den Ort sollst du bauen“. Eine  planerInnen, KünstlerInnen und HandwerkerInnen. In diesem kleinen, eingespielten

                                                                                                                           AIT 9.2022 • 043
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