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SERIEN LEHRJAHRE BEI ... • WORKING AT ...
r An welchen Projekten durften Sie während Ihres Praktikums mitwirken und
worin bestanden Ihre Aufgaben?
Das erste Projekt, an dem ich mitgearbeitet habe, war der Umbau der Mühle und
des Wohnhauses Scartazzini in Promontogno. Der Dachstuhl der Mühle war morsch
und musste erneuert werden. Zudem sollten durch den Ausbau mehr Lagerflächen
gewonnen sowie Arbeitsprozesse optimiert werden. Hierfür entwickelten wir im Dia-
log mit den Bauherren verschiedene Ideen, die ich in Plänen, Zeichnungen und Vi-
sualisierungen aufbereitet habe. Für das Wohnhaus Scartazzini fertigte ich auch Ent-
wurfsstudien zur Umnutzung und zum Ausbau der Villa an. Für ein Patrizierhaus in
Pläne/Visualisierumgen: Ruinelli Associati Architetti arbeitete an der Entwurfsplanung für den Umbau mit. Auch für das Umbauprojekt
Vicosoprano übernahm ich mit Fernando die Bauaufnahme einer Wohneinheit und
eines Steinhauses in Soglio übernahm ich verschiedene Aufgaben der Bauaufnahme
und fertigte für weitere Innenraumstudien ein Modell im Maßstab 1:20 an. Am in-
tensivsten habe ich mich mit dem offenen Wettbewerb der Fußballtribüne Büchen-
wald in Gossau, St. Gallen, auseinandergesetzt. Ich führte verschiedene Entwurfs-
reichung aller Unterlagen. Auf dieser Basis diskutierten wir im Büro regelmäßig und
optimierten gemeinsam Ideen.
Für den Umbau der Mühle Scartazzini in Promontogno ... • For the the Scartazzini mill in Promontogno ... studien durch und übernahm die Planausarbeitung sowie die Vorbereitung zur Ein-
r Das architektonische Ergebnis ist auch immer das Resultat eines Arbeitsprozes-
ses. Welche Methoden und Diskurse haben Sie im Büro kennengelernt?
Als Erstes schnappten wir uns immer Kamera, Papier und Stift, um uns vor Ort ein
Bild zu machen. Oft gingen wir zu zweit oder zu dritt los, um gemeinsam Eindrücke
zu sammeln. „Die Kamera ist dein bestes Gedächtnis“, sagt Armando Ruinelli. In sei-
nem kleinen Büro wird häufig über die Problematik und die Chancen der verschie-
denen Projekte diskutiert. Der Entwurfsprozess begann stets damit, unvoreingenom-
men an die Aufgabe heranzugehen und sich bewusst zu fragen, was wichtig ist. Beim
Umbau der Mühle beispielsweise arbeiteten wir von Anfang an in regem Austausch
mit dem Bauherrn, um zu verstehen, wie wir Prozessabläufe in seinem Arbeitsalltag
kompromisslos erleichtern können. In diesem Punkt versuchten wir, pragmatisch wie
die Arbeiter vor Ort zu denken. Zur äußeren Gestalt wurde oft das eigene Gefühl be-
fragt: In welcher Landschaft und in welchem Kontext steht das Gebäude? Was erträgt
... hat Lisa Seefried die Pläne erstellt, sie sammelte ... • ... Lisa Seefried drew up the plans, he gained ... dieser Ort und was würde ihn vielleicht sogar stärken? Diesen Überlegungen folgen
Gedanken zum Material. Letztlich verlief jedoch jedes Projekt für sich anders. So
konnte ich mich abwechslungsreich mit meinem Berufsfeld auseinandersetzen.
r Wie haben Sie diesen bereichernden Auslandsaufenthalt denn finanziert?
... Baustellenerfahrung mit dem Steinhaus in Soglio. • ... construction-site experience with the stone house. Ich konnte in Soglio von meinem Praktikantengehalt gut leben. Eine kleine Einlie-
ger-Wohnung bei Fernando Giovanoli im Haus, die auch als Büroarchiv genutzt wird,
stand mir kostenlos zur Verfügung. Dazu bekam ich noch ein wenig Taschengeld. Ich
habe nicht viel gebraucht, konnte es mir nach meinem Empfinden aber trotzdem
sehr gut gehen lassen. Größere Investitionen tätigen oder Rücklagen bilden kann
man in dieser Zeit natürlich nicht, aber das ist auch nicht das Ziel eines Praktikums.
Im Vordergrund stand für mich, dass ich bei Ruinelli Associati etwas lernen konnte
und Erfahrungen sammeln durfte, die ich mit nach Hause nahm.
r Die Schweiz ist ein kleines, sehr attraktives Land. Welchen Nutzen konnten Sie,
abgesehen von Ihrer Büroerfahrung, aus Ihrem Aufenthalt ziehen?
Jeden Tag war ich draußen in der Natur. In den frühen Morgenstunden, bevor die Ar-
beit losging, war ich eine Runde laufen. An den Wochenenden unternahm ich län-
gere Touren. Das Schöne ist, dass das Gebirge vor der Haustüre steht. Die Wander-
stiefel konnte ich auf der Haustreppe anziehen. Das Bergell, das Engadin und auch
Italien mit dem Comer See bieten eine unglaublich schöne, abwechslungsreiche
Kulisse. In den kälteren Monaten sind neben den Skigebieten auch die Thermen im
Engadin eine Reise wert. Das Thermalbad von Miller Maranta in Samedan ist ein be-
sonderes Erlebnis. Neben architektonisch Sehenswertem war auch kulturell im Som-
mer einiges geboten – Peter Stamm kam im Juli zu einer Lesung in den Palazzo Salis,
Freunde von mir spielten beim Festival da Jazz in St. Moritz, und die Villa Garbald
Foto: Ruinelli Associati Architetti Waldhaus in Sils gewährte tiefere Einblicke an einem Tag der offenen Tür, und es gab
in Castasegna eröffnete im Sommer die Kunsteinrichtung Claudio Mosers. Das Hotel
immer wieder kleine Dorffeste und Sommerfestivals in den umliegenden Dörfern.
Ich durfte im Bergell tolle, inspirierende Menschen und Freunde kennenlernen. Und
032 • AIT 9.2020 neben all diesen Attraktionen fand ich auch wieder genügend Zeit für mich.