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WOHNEN  •  LIVING

































           CASA NL

           IN ROTTERDAM


           Entwurf • Design PLNL studio, NL-Rotterdam



           Ein altes Backsteingebäude im Herzen Rotterdams fand nach einem
           Umbau wieder zu seinen Wurzeln zurück. Die Materialüberlagerun-
           gen, die im Laufe der Zeit hinzugekommen waren, wurden entfernt
           und der Charme des Baus wieder freigelegt. Nun ist aus dem schma-
           len Stadthaus – früher befanden sich darin zwei kleine Wohnungen
           und eine Garage – das Zuhause einer vierköpfigen Familie entstanden.



           von • by Susanne Lieber, CH-Zürich
           D   as Haus ist unser persönlicher Sandkasten“, erklären die Bewohner des alten
               Stadthauses im Zentrum Rotterdams. Was so viel bedeutet wie: Hier wohnt die
           vierköpfige Familie nicht einfach in einem fertigen Objekt. Budget und Zeitrahmen
           waren eng gesteckt, und die Bauherrschaft musste viel selbst Hand anlegen – sofern
           das mit zwei kleinen Kindern und fehlender Bauerfahrung möglich ist. Das (Bau-)
           Abenteuer ist also noch nicht völlig abgeschlossen und lässt noch Luft für zukünftige
           Ideen. Es ist ein unkonventionelles Experimentierfeld, das sich hier auf drei Ebenen
           auftut. Besonders gut lässt sich das am Erdgeschoss ablesen, das als multifunktio-
           naler, offener Raum konzipiert ist. Ein idealer Ort für Partys oder Veranstaltungen.
           Die Improvisationsfreude der Bewohner zeigt sich hier vor allem bei der Küchenge-
           staltung, die so ganz anders daherkommt, als man es üblicherweise erwartet. Die
           Küchenzeile besteht lediglich aus einem Element mit Spüle. Die Front bildet ein Tex-
           til, das sich in große weiße Falten wirft. Als Arbeitsfläche dient eine alte Werkbank
           mit Schraubstock. Früher befand sich im Erdgeschoss eine unbeheizte Garage mit
           Werkstatt. Auch heute lässt sich ein robust-rauer Charme ausmachen, was nicht nur
           an den Aufputzleitungen liegt, sondern vor allem auch am freigelegten Mauerwerk.
           Selbstbewusst präsentiert es sich in seiner Unvollkommenheit. An der Wand gegen-
           über bildet Schälfurnier ein holziges Pendant mit ebenfalls bewegter Oberfläche. An
           den schmalen langen Raum wurde zur Gartenseite hin ein Stück angebaut. Und auch
           das erste Obergeschoss mit Küche, Ess- und Wohnbereich wurde etwas verlängert.
           Die Außenwände sind jeweils in Mauerwerk ausgeführt, die Decken bestehen aus
           Holzbalken. Farbig gestrichene Stahlträger markieren den Übergang von Alt zu Neu.
           Im zweiten Obergeschoss befinden sich das Elternschlafzimmer, ein Kinderzimmer,
           ein begehbarer Kleiderschrank sowie ein Bad. Die kleinen runden Fliesen erinnern
           unweigerlich an die 1980er-Jahre, das Fugenbild ist hier allerdings in Orangerot
           gehalten. Als i-Tüpfelchen wurde dazu passend die Farbe für den Türgriff gewählt.

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