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Kristina Raderschad


                                  2000 Studienabschluss in Kunstgeschichte, Innenarchitektur und Archi-
                                  tektur in Düsseldorf 2000–2004 Volontärin und Redakteurin bei G+J in
                                  Hamburg seit 2005 eigenes Redaktionsbüro in Köln   www.kristinaraderschad.de















                                                                           In ihrem Einrichtungsgeschäft Atelier 159 (6) versammelt Stéphanie Rouman junges französisches Design.
























             Über dem Vieux Port (1) und der Altstadt erhebt sich die Wallfahrtskirche Notre Dame de la Garde (3).  Die Galerie Double V (7) ist eine von vielen neuen und aufregenden Kunstgalerien in der alten Stadt.

             von • by Kristina Raderschad
             K   reuzfahrtschiffe und Segelyachten statt Containerfrachter; eine bunte und viel-  haben sich zahlreiche Cafés und Restaurants, aber auch Shops niedergelassen, die
                 schichtige Kulturszene in ehemaligen Industriehallen und hochkarätigen Muse-
                                                                           mit spannenden Konzepten und einem Sortiment jenseits des Mainstreams locken.
             umsneubauten; dazu junge Kreative, die nach Marseille ziehen und frischen Wind in  r 10.30 Uhr – Der Jahrhundertwende-Stadtpalast Jardin Montgrand (4) etwa vereint
              die örtliche Gastronomie-, Hotellerie- und Galerielandschaft bringen: So erleben wir  unter seinem Dach einen Conceptstore mit Mode, Schmuck und Wohnaccessoires, ein
              Frankreichs wichtigste Hafenstadt heute. Spätestens mit der Erneuerung des Gebie-  Hotel und ein Restaurant mit Garten im idyllischen Innenhof, wo wir bei einer Tasse
             tes zwischen Vieux Port und den ehemaligen Docks de La Joliette durch Star-Archi-  Tee kurz verweilen. Weiter geht´s zum Shoppingbummel: Seit 1827 bietet der Haus-
             tekten wie Sir Norman Foster, Rudy Ricciotti oder Stefano Boeri anlässlich des euro-  haltswarenladen Maison Empereur (5) eine riesige Auswahl an Körben, Glas, Porzel-
             päischen Kulturhauptstadtjahres 2013 ist die Stadt des Lichts schick geworden. Und  lan und allerlei Kuriositäten. Auch die traditionelle Savon de Marseille findet sich hier.
             hübscht sich fleißig weiter auf: Überall wird gebaut und saniert, entstehen neue Ho-  Eine gut kuratierte Mischung von internationalem Design und französischen Originalen
             tels, Apartments und Bürotürme wie Jean Nouvels unlängst vollendeter Entwurf La  – etwa Leuchten von Marseilles derzeit erfolgreichstem Jungdesigner Mickael Koska,
             Marseillaise. Mit seiner in den Nationalfarben Blau, Weiß und Rot gestalteten Fas-  Kerzen von Hutte oder Möbel von Objekto und Red Edition – verkauft Stéphanie Rou-
             sade hat der weithin sichtbare Skyscraper unweit von Zaha Hadids CMA CGM Head-  man in ihrem Einrichtungsgeschäft Atelier 159 (6). Mit seiner Galerie Double V (7)
             quarters am Quai d'Arenc das Zeug zum neuen Wahrzeichen der Stadt. Wer Mar-  steht Nicolas Veidig-Favarel stellvertretend für eine junge Galeristenriege der Stadt, die
              seille etwa anlässlich der diesjährigen Manifesta besucht, entdeckt (neue) Architek-  aufstrebende französische Künstler präsentiert – etwa die farbenfrohen Arbeiten der
              turikonen, ambitionierte Galerien, schicke Boutiquehotels an der Corniche, Concept-  Pariserin Caroline Denervaud oder die Keramiken von Maximilien Pellet.
             stores jenseits des Mainstreams und hervorragende Restaurants junger Sterneköche.  r 12.30 Uhr – Zum Mittagessen fahren wir ein paar Stationen mit dem Bus zu Le Cor-
                                                                           busiers ikonischer Unité d´Habitation am Boulevard Michelet: Die Cité Radieuse (8),
             Samstag: Shopping und Kunst rund um den Vieux Port            erbaut zwischen 1947 und 1952 umfasst neben 337 Wohneinheiten ein Hotel und ein
                                                                           Restaurant. Die öffentlich zugängliche Dachterrasse mit atemberaubendem Ausblick
             r 9.00 Uhr – Der Vieux Port (1) ist die Keimzelle der Stadt und seit Jahrtausenden  über Marseille und die Küste wurde nach einem Konzept des Designers Ora Ito re-
             Marseilles Tor zur Welt. Im Zuge der umfassenden städtebaulichen Sanierungsmaß-  noviert. Jetzt finden dort Ausstellungen statt. Das hauseigene Restaurant Le Ventre
             nahmen zum europäischen Kulturhauptstadtjahr wurde er verkehrsberuhigt und lädt  de L´Architecte serviert im seit den 1950er-Jahren nahezu unveränderten Interieur
             nach dem Facelift durch den Landschaftsplaner Michel Desvigne und den britischen  von Dienstag bis Samstag Mittagsmenü und Dinner.
             Stararchitekten Lord Norman Foster als Yachthafen zum Flanieren ein. Fosters L´Om-  r 15.00 Uhr – Möbelpreziosen der Moderne finden sich im Showroom von Gérald Mo-
             brière (2), ein auf acht schlanken Stützen ruhender, horizontaler Riesenspiegel aus  reau (9). Der große Kenner des Werkes von Le Corbusier hat ein umfangreiches Buch
             poliertem Stahl am Quai des Belges, ist ein Besuchermagnet und beliebtes Fotomotiv.  über das Schaffen des Baumeisters in Chandigarh („Le Corbusier & Pierre Jeanneret –
             Im Hintergrund erhebt sich die Wallfahrtskirche Notre Dame de la Garde (3) schüt-  The Indian Adventure“) verfasst und kuratiert Ausstellungen zum Thema. Auf dem
             zend über den Alten Hafen und die Stadt. In den Straßen und Gassen um den Hafen  Rückweg zum Vieux Port schauen wir noch bei Aussih (10) vorbei. Der neue, sehr

                                                                                                                          AIT 7/8.2020  •  037
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