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WOHNEN •  LIVING


































               DACHWOHNUNG

               IN GRANADA


               Entwurf • Design José Luis Concha Jerónimo, ES-Granada



               Ein historischer Dachstuhl aus Pappelholz und rotbrauner Ziegelstein
               so weit das Auge reicht ... Mit diesen Elementen hat José Luis Concha
               Jerónimo ein Raum kontinuum in einer Bestandswohnung entwi ckelt,
               das ganz unterschiedliche Nutzungen zulässt. Zugleich tritt der Archi -
               tekt den Beweis an, dass es sich durchaus lohnt, konstruktiv verwen-
               dete Materialien roh belassen in Szene zu setzen.



               von • by Christine Schröder
               M    itten in der Maurenstadt Granada hat José Luis Concha Jerónimo im Dachgeschoss
                    einer Blockrandbebauung aus den 1950er-Jahren einen beeindruckenden Lebens -
               raum geschaffen. Im Zuge der Entkernung kam unter der bis dato abgehängten Decke
               ein historisches Dachtragwerk aus Pappelholz zum Vorschein. Zusammen mit den vom
               Putz befreiten gemauerten Stützen bildet der Dachstuhl nun den Ausgangspunkt der Ge -
               staltung. Ziel war es, den 70 Quadratmeter großen Raum möglichst wenig zu fragmentie-
               ren. In allen vier Ecken ordnete der Architekt vornehmlich geschlossene Funktionen wie
               Schlaf- und Bade zimmer als Raum-im-Raum-Kuben an. Wobei das schmale Bade zimmer
               den einzig komplett geschlossenen Raum darstellt. Für die drei Schlafzimmer wurde
               lediglich eine Nische gemauert, in der neben dem Bett jede Menge Stauraum eingepasst
               ist, was weitere Möbel überflüssig macht. Daran anschließend lassen bewegliche Module
               aus filigranen Stahlrahmen, gefüllt mit satiniertem Glas, zahlreiche Grundriss varianten
               zu. Wahlweise entsteht in Verlängerung der Schlafnische ein geschlossenes Zimmer für
               den Rückzug oder aber der Wohn raum wird erweitert, indem die Module direkt vor die
               Nische geklappt werden. Dann werden die Tische zu einer langen geselligen Tafel zusam-
               mengeschoben. So oder so ähnlich lassen sich die Räume und ihre Bezüge nach aktuel-
               lem Bedarf und Gusto immer wieder aufs Neue modifizieren. Auch bei der Materialwahl
               konzentrierte sich José Luis Concha Jerónimo auf eine simple und zu gleich wirkungsvolle
               Sprache. Unter der Prä misse, eine irreversible Einheit zu erzeugen, setzte er beim Innen -
               ausbau auf Ziegel. Die umlaufenden Außenwände erhielten eine zweite Haut aus liegend
               vermauerten Hochlochziegeln, der Boden und neu eingebrachte Wände bestehen da -
               gegen aus Vollziegeln, allesamt im selben Farbton. Möglichkeiten der individuellen Be -
               spie lung ihrer Wände gibt es für die Bewohner trotz der stringenten Mate rialwahl zuhauf:
               Sind doch die runden Öffnungen der Hochlochziegel nicht nur ein Orna ment bildender
               Hingucker, sie erfüllen auch ganz praktische Aufgaben: Aus Holzstäben und Brettern wer-
               den Ablage flächen, aus gelben Steckpunkten entstehen Bilder und Nachrichten.


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