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BAR HOTEL RESTAURANT
VOLKSHAUS HOTEL
IN BASEL
Entwurf • Design Herzog & de Meuron, CH-Basel
Zehn Jahre lang wurde das Volkshaus Basel um- und rückgebaut.
Stück für Stück. Nun ist der Bau aus dem Jahr 1925 trotz seiner un-
terschiedlichen Nutzungsbereiche wieder als einheitliches Gefüge
erkennbar. Den erfolgreichen Abschluss fand das Bauprojekt mit
der Eröffnung des integrierten Boutique-Hotels. Seit März emp-
fängt es im beliebten Stadtteil Kleinbasel seine Gäste.
von • by Susanne Lieber, Zürich
A b Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in vielen europäischen Städten sogenannte
Volkshäuser. Institutionen, die sich als Zentren der Arbeiterbewegung verstanden
und politischen, sozialen und kulturellen Aktivitäten den nötigen Raum geben wollten.
Auch in zahlreichen Schweizer Städten wurden Volkshäuser errichtet, wie in Zürich, Bern
und Bellinzona. Das Volkshaus Basel wurde 1925 eröffnet. Seine Wurzeln reichen aller-
dings deutlich weiter zurück. Den Ursprung bildete eine Brauerei mit Gastwirtschaft aus
dem Jahr 1845, die später durch eine Bier- und Konzerthalle ergänzt wurde. 1919 schrieb
die Stadt Basel einen Wettbewerb für einen Neubau aus, der jene Konzerthalle integrieren
und zusätzlich Sitzungssäle, Restaurant, Bar, Laden, Büroräume, Dienstwohnungen und
Unterkünfte für Personal umfassen sollte. Den Zuschlag erhielt damals der Architekt Henri
Baur. In den 1970er-Jahren folgten – leider typisch für diese Zeit – unsensible Umbaumaß-
nahmen. Zudem ging die Vielfalt der Nutzungsmöglichkeiten verloren. Seit 2011 ist man
dabei, die Sünden der Vergangenheit abzuschütteln und dem Gebäudekomplex wieder
architektonische Würde einzuhauchen. Dafür verantwortlich zeichnet das ortsansässige
und wohl bekannteste Architekturbüro der Schweiz: Herzog & de Meuron. Mit Fertigstel-
lung des neuen Boutique-Hotels, das sich im Kopfbau des Volkshaus Basel befindet, ist
die letzte Umbauetappe abgeschlossen. Insgesamt sind 45 Zimmer und Suiten entstan-
den, deren Größen zwischen 22 und 70 Quadratmetern variieren. Bei der Gestaltung der
Räume wurden nicht nur formale Bezüge zu den anderen Teilen des Gebäudes hergestellt,
sondern auch zur Vergangenheit des Baus: So sind die Wandverkleidungen aus schwarzer
Eiche eine Reminiszenz an die Schrankwände mit integrierten Durchgangstüren, wie man
sie in den ehemaligen Büros der 1970er-Jahre vorgefunden hatte. Die Bullaugen wiederum
greifen die Form der Fenster in Brasserie und Bar auf. Und die Farbe Grün leistet als wie-
derkehrendes Element einen identifikationsstiftenden Beitrag im gesamten Gebäude.
Nicht zuletzt erwähnt sei das Mobiliar: In jedem Zimmer befindet sich ein Loungechair
mit Ottoman, ein Entwurf – wen wundert´s – von Herzog & de Meuron selbst.
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