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SERIEN PERSPEKTIVWECHSEL • CHANGE OF PERSPECTIVE
es, zahlreiche bauliche Vorgaben einzuhalten – insbesondere aufgrund der hohen
Arbeitsmotto •work motto hygienischen Anforderungen. Aber auch ein klinisch wirkender Raum kann mit der
richtigen Ausstattung gut und ästhetisch anspruchsvoll gestaltet werden. Es gab aber
„Wir rocken das, Baby!“ auch sehr positive Überraschungen, wie den alten Terrazzoboden, den wir beim
“We’ll rock it, baby!” Abstemmen der Bodenfliesen entdeckt und anschließend aufgearbeitet haben. Der
Boden ist sicherlich nicht an jeder Stelle perfekt, aber er erzählt Geschichte und ver-
stärkt die Ausstrahlung dieses charmanten Ortes. Das schöne Alte mit den erforder-
lichen neuen, technischen Anforderungen zu kombinieren, ergibt eine spannende
Mischung. Diese haben wir auch bei der Möblierung weitergeführt. So sind die
Tischplatten im Café aus alten Sitzbänken des 2015 umgebauten Millerntor-Stadions
gemacht und der Handlauf an der Kellertreppe ist ein ausrangiertes Ruder.
r Von der Inneneinrichtung bis hin zum Logo der Eisdiele haben Sie alles selbst ent-
worfen. Kommen Ihre gestalterischen Fähigkeiten also noch genug zum Einsatz?
Ein Grundgefühl für Gestaltung zu haben, hilft uns natürlich häufig im Alltag. Es gibt ja
immer mal wieder Neues zu kreieren. Gerade ist zum Beispiel unsere Homepage in
Überarbeitung. Wir wirken bei der Gestaltung stark mit und wissen was wir wollen.
r Wie haben Ihre früheren Architektenkollegen auf Ihren Berufswechsel reagiert?
Als wir unseren Chefs von unserer geplanten Selbstständigkeit erzählten, dachten diese
natürlich zunächst, dass wir ein Architekturbüro gründen. Über unsere tatsächlichen
Pläne mussten sie sehr schmunzeln, waren aber von Anfang an positiv gestimmt und
haben uns sogar teilweise unterstützt. Inzwischen stehen wir manch einem ehemaligen
Berufskollegen gerne mit einem Trost-Eis zur Seite, wenn es mal nicht so rund läuft.
r Eisverkauf ist eine saisonale Tätigkeit – was machen Sie im Winter?
Kreativität ist auch heute noch gefragt... • Creativity is still required today … Ursprünglich war unser Konzept als Ganzjahresgeschäft geplant, bei dem wir im Winter
das Eissortiment verkleinern, saisonal anpassen – mit Sorten wie „Lebkuchen“,
...für neue Eiskreationen und für das Interieur. • ... for inventing new ice-cream flavours and for the interior.
„Spekulatius“ oder „Glühwein“ – und zudem durch Gebäck und heiße Waffeln
ergänzen. Das haben wir zunächst auch so umgesetzt, uns dann aber doch für eine
kleine Auszeit von drei Monaten entschieden. Das war nach monatelangen 7-Tage-
Wochen wichtig, um neue Energie zu tanken. Wir können uns aber vorstellen, zukünftig
nicht ganz so lange zu pausieren. Schließlich gibt es auch in der kalten Jahreszeit reich-
lich Eisliebhaber und für viele unserer Stammgäste wäre dann die Zeit, „in der ein Stück
Lebensqualität fehlt“ (Zitat!), nicht mehr ganz so lange.
M rs Kerkhoff and Mrs Priebe, nowadays you are no longer designing houses
but ice cream. Which is your favourite flavour and what is special about it?
Well, since we frequently invent new kinds, our favourite flavours also change and it is
difficult to decide on one of them. Among our favourites are definitely strawberry-
rhubarb- vanilla, poppy-seeds, goat’s milk-rosemary-honey, peanut-chocolate-crunch
and apple-celery. The latter may sound strange but it is a great combination since the
slightly tart-spicy celery perfectly complements the sweetness of the apple …
r For two years, you have now been the “Eisprinzessinnen” of Hamburg-Altona.
Business is going well, you have won the Gastro-Gründerpreis, hired two employees
and five temporary assistants and, what is most important: Your own and, in some
Das Café gestalteten die beiden Architektinnen selbst. • The two architects designed the café themselves.
cases unusual ice-cream creations are very well received by the customers. What is
the recipe for success?
It is probably a mixture of several components. On the one hand, it is of course our
home-made ice cream. We produce it ourselves of high-quality ingredients, without
ready-made pastes, without preservatives, artificial flavouring, food colouring and other
additives. “Natural with love” – our motto is our mission. On the other hand, our natural
and open manner in the service plays a significant role. We attach much importance to
having an uncomplicated and cordial atmosphere. This is an incredible amount of fun
for our customers – and very many of them are regulars – for us and for our employees.
r What made you give up the profession of architects?
Architecture fascinated us at the time and it still does today. The everyday working life
of architects, however, did not have much to do with this passion. Due to the increasing
pressure of costs and deadlines and the far from dynamic guidelines by the clients, it
was difficult for us to meet our own standards as to architecture. This feeling was
becoming more and more unsatisfying and simply no longer corresponded to the ideas
we had of a fulfilling working life. The search for a new challenge, began as a classic
crazy idea over a bottle of red wine and from then became more and more concrete.
054 • AIT 06.2016